Nun ist meine erste Woche an der Högskola för scen och musik (wörtlich: Hochschule für Bühne und Musik) vorbei. Zeit also für einen kleinen Rückblick:
Der eigentliche Semesterbeginn war zwar erst am 1. September, also am Donnerstag, für uns Neuankömmlinge waren jedoch die Tage von Montag bis Mittwoch für allgemeine Einführungsveranstaltungen vorgesehen. Also nahm ich früh am Montag den Bus nach Göteborg, um als allererstes alle wichtigen Personen – also vor allem die Verwaltung und die Leiter der einzelnen Studiengänge – kennen zu lernen und um einen Ausblick auf die kommenden Tage zu bekommen. Außerdem wurde uns eröffnet, dass alle „Erstis“ bei der offiziellen Semestereröffnung an einer Massenimprovisation teilnehmen sollten – was anscheinend eine gewisse Tradition in Göteborg hat. Für diese Improvisation wurde dann auch gleich geprobt, danach war der Montag für mich vorbei.
Der erste Kompositionsauftrag
Ming Tsao, mein hiesiger Hauptfachlehrer, hatte bereits einige Tage zuvor mit mir Kontakt aufgenommen, um für Dienstag einen Termin für einen ersten Einzelunterricht auszumachen. Nun wurde es also gleich ernst, der Ausgang dieser ersten Stunde war jedoch mehr als unerwartet: SNOA, die schwedische Orchesterakademie, in der sehr fortgeschrittene Studenten speziell auf das Orchesterspiel vorbereitet werden, führt einmal im Jahr ein Stück der Kompositionsklasse auf, und der Auftrag, dieses Stück zu schreiben, fällt auf mich! Was für ein Sprung ins kalte Wasser. Aber natürlich freue ich mich sehr über diese Gelegenheit für eine große Besetzung zu schreiben, in der Gewissheit, dass das Stück auch wirklich aufgeführt wird.
Semestereröffnung in familiärem Rahmen
Der Mittwoch war wiederum mehr der generellen Einführung gewidmet, neben einer Einführung in das lokale Computersystem und einer Rundwanderung durch das Gebäude stand nun auch die offizielle Semestereröffnung auf dem Programm, zu der vor allem zu sagen ist, dass ich noch nie eine so kurzweilige Semestereröffnung erlebt habe: mit Weltmusik und Jazz, halb improvisiertem Theater, einer spontanen Chorprobe und zirkusreifen Schlagzeugdarbietungen. Außerdem mit einem Rektor in Jeans und Hochschul-Poloshirt, der keine Reden hielt, sondern vor allem Spontaninterviews mit den einzelnen Abteilungen führte (Klassische Musik, SNOA (s.o.), Jazz, Schauspiel, Musical, Kirchenmusik, Oper, Komposition und Pädagogik). Und last but not least: die Hochschule leistete sich eine Simultanübersetzung ins Englische für alle internationalen Studenten (und das waren weitaus weniger als an meiner früheren Hochschule)!
Am Donnerstag und Freitag gab’s dann speziellere Informationen für die (insgesamt 29) Masterstudenten aller musikalischen Fächer der Hochschule, ein Begleitseminar zu unseren Masterprojekten, einen Film für die Komponistenklasse und – als speziellen Service für die gesamte Universität – Sprachcoaching für unsere Masterarbeit und auch für andere Texte auf Englisch und Schwedisch. Insgesamt also eine äußerst ereignisreiche Woche, aus der ich ein bisher äußerst positives Fazit über die Hochschule ziehen kann: Die Ausbildung ist sehr klar strukturiert, ohne einengend zu sein. Die Ausstattung der Hochschule ist fantastisch, insbesondere dann, wenn man sich nicht nur dafür interessiert, ob auch in jedem Zimmer ein Flügel steht – denn das ist nicht unbedingt der Fall. Die Atmosphäre ist sehr angenehm und der Unterricht, den ich bisher hatte, war sehr gut.
Initiationsritus für Erstsemester und meine erste schwedische Sprechrolle auf der Bühne
Abschließend muss hier aber auch noch über den nicht-fachlichen Teil gesprochen werden: Am Freitagabend war nämlich Insparksfesten, die Semestereröffnung des Studentkår (AStA). Eine schwedische Tradition verlangt es, dass sich sämtliche Neuankömmlinge an der Hochschule einem Initiationsritus unterziehen müssen, der wohl je nach Fachbereich äußerst unterschiedlich ausfallen kann. Bei uns bot sich dafür natürlich eine Mischung aus Schauspiel und Musik an, so dass wir in kleine Gruppen eingeteilt wurden, um eine Szene einzustudieren. Alle Gruppen sollten einen schwedischen Schlager, der am Melodifestival (Eurovision Song Contest, einem der wichtigsten gesellschaftlichen Ereignisse hier in Schweden) teilgenommen hat, im Stile eines Disney-Films interpretieren. In unserem Fall mussten wir also Arielle, die Meerjungfrau und den Grand-Prix-Gewinner von 1984 Diggi Loo Diggi Ley miteinander verbinden, was mir direkt meine erste schwedische Sprechrolle als Triton sowie den ersten Wettbewerbsgewinn in Schweden einbrachte!