Nachdem mich ja mein Ex vor kurzem verlassen hat, tändle ich mit seit einer Weile wieder mit einem Neuen. Zuerst ein paar vorsichtige Emails, dann das erste Blind Date. Dann das Warten auf seinen Anruf. Der dann auch kam – am Abend, bevor ich nach Deutschland geflogen bin. Na toll… ob ich ihn wohl noch eine Woche hinhalten konnte? Würde er das mit sich machen lassen…? Ja, er wartete auf mich, aber er hatte noch eine andere, die ihm auch ganz gut gefiel und bevor er sich für eine von uns entscheiden könne, wolle er uns beide nochmal treffen. (Nicht so schön das, aber wenigstens war er ehrlich.)
Dann gestern unser zweites Date… Und die alles entscheidende Frage: Willst Du mit mir gehen? Ja. Nein. Vielleicht.
Er wolle mit seiner Familie drüber reden und eine Nacht drüber schlafen, sagte er, und sich dann heute melden. Meine Nacht hingegen war eher schlaflos. Ab acht Uhr hielt ich krampfhaft das Telefon in der einen, das Handy in der anderen Hand. Nicht mal aufs Klo wollte ich gehen. Als es sich dann nicht mehr vermeiden ließ, lagen beide Telefone auf der Klorollenhalterung.
Endlich klingelte es… mööörp, Fehlalarm – bloß irgendein Heini, der mir ein neues Telefonabo an die Backe quatschen wollte. Und damit blockierst Du meine Leitung, du Doofkopp?!
Um zwei hatte er sich immer noch nicht gemeldet und ich war in der Stimmung, mir die Decke über den Kopf zu ziehen und die nächsten Monate im Niemandsland zwischen Herbstdepression und Winterschlaf zu verbringen.
Um halb vier hatte das ungewisse Warten dann endlich ein Ende. Ich fasse den Inhalt des Gesprächs und meinen aktuellen Gemütszustand kurz zusammen:
Er ist übrigens Musiker und will, dass ich seinen Kindern Klavierunterricht gebe. Und ein bisschen Blockflötenunterricht. Und ein bisschen korrepetieren. Ein Orchester hat er auch, da soll ich auch ab und an dirigieren. Wenn ich will, darf ich seine Kinder auch für Musiktheorie begeistern. Oder sie beim Komponieren unterstützen. Oder einen Chor gründen. Oder, oder, oder… Gut, dass ich das alles mal in der Bräuteschule gelernt habe. Mein Neuer wirkt da sehr freizügig, was meine ehelichen Pflichten angeht.
Toll ist auch sein Wohnort: ganz in der Nähe von Jonas‘ Nebenfrau – die beiden sind sogar miteinander verwandt! – in einem Stadtteil, der wegen seiner Lage und seiner Einwohnerschaft liebevoll „Beverly Hills“ genannt wird. Damit steht jetzt definitiv wieder ein Umzug an, das hatten wir ja schon lange nicht mehr. Oder so.
Nächste Woche unterschreiben wir den Ehevertrag, die Hochzeit ist dann Anfang Januar. Bis dahin sollte sich mein Endorphinspiegel wieder normalisiert haben, sodass ich mich wie ein gesitteter Mensch aufführe und nicht unvermittelt aufspringe und qietschend durch die Gegend hopse.
Oh, eine Kollegin! Wie schön! Meine Gattin und ich gratulieren herzlich – aber der Ex war bestimmt anekdotenreicher, oder?
Das wird sich dann im Januar zeigen. Du warst übrigens auch Thema im Intervju…
Auf die Frage, ob ich mir denn bewusst sei, dass ich als Klavierlehrer gelegentlich auch andere Rollen als „Lehrer“ ausfüllen müsse, hätte ich gerne geantwortet, dass das schon ok sei, wenn ich dann meine Schüler auch als Blattläuse, Babysitter (also eventuell irgendwann in 100 Jahren vielleicht mal), Schwimmlehrer, Fahrdienst und Reiseführer einspannen darf.
Ich habs mir dann aber doch verkniffen und stattdessen sittsam geantwortet, dass ich in dieser Hinsicht selbst höchst positive Rollenvorbilder erleben durfte.
Herzliche Grüße an die Gattin und die lieben Kleinen…