Heute ist wohl der schwedischste aller Tage: Midsommarafton, der Vorabend des Mittsommertages. Wie an Weihnachten auch, finden die hauptsächlichen Festivitäten bereits am Vorabend des eigentlichen Festtages statt und dem Ganzen gehen nicht unerhebliche Vorbereitungen voraus, die sich ein bisschen anfühlen wie Weihnachten. Wie warten aufs Christkind, bloß ohne Geschenke.
Nun sind wir ja noch nicht lange genug in Schweden, um ernsthaft von eigenen Traditionen sprechen zu können, aber ich finde, wir machen uns an unserem dritten Mittsommer in Schweden nicht schlecht. Der Vogellärm weckte mich heute morgen um halb sieben und mit Handtuch, Eimer und Rosenschere bewaffnet huschte ich schnell nach draußen. Mein Weg führte mich zuerst an den See, wo ich den Tag mit einem morgondopp begann. Das Wasser hat inzwischen deutlich über 20 Grad, war aber immer noch kälter als die Luft, die im Morgendunst beinahe schwül war. Ich war ganz alleine im spiegelglatten, klaren See, und der „Krach“ aus dem Vogelschutzgebiet, das zwischen unserem Haus und dem See liegt, schirmte alle anderen Geräusche ab.
Nach einer guten Viertelstunde Geplantsche füllte ich den Eimer zur Hälfte und machte mich auf den Rückweg, allerdings nahm ich jetzt den Umweg über die Straße, weil man im Naturschutzgebiet ja keine Pflanzen pflücken darf und weil am Straßenrand ohnehin die schöneren Lupinen wachsen. Hier das Ergebnis:
Unser Frühstück bestand stilecht aus schwedischen Erdbeeren, und danach musste ich mich erstmal auf der Terrasse erholen und die letzten Sonnenstrahlen genießen, denn traditionsgemäß regnet es an Mittsommer spätestens dann, wenn das Dorf um die majstång, die Mittsommerstange, versammelt ist. Wenn ich jetzt so rausschaue, haben wir heute nachmittag auch wirklich gute Chancen auf ein ordentliches Mittsommergewitter.
Bevor wir uns nachher aufs Fahrrad schwingen (Auto wäre blöd an einem Tag wie heute, selbst wenn’s regnet) um den längsten Tag des Jahres zu feiern, indem wir wie Frösche quakend um die majstång hopsen, muss ich noch meinen midsommarkrans fertig machen, deswegen bin ich ja schließlich heute morgen so früh aufgestanden. Noch sieht der Kranz nämlich recht armselig aus:
Heute nachmittag werden wir dann also am Nachbarsee zuschauen, wie die Majstång aufgestellt wird und Erdbeertorte essen. Ähnlich wie letztes und vorletztes Jahr also. Neu ist dieses Jahr, dass wir auch das anschließende F(ressf)est, das traditionellerweise im Kreise der Familie und enger Freunde begangen wird, miterleben werden, denn wir sind zu einem Kollegen/Freund nach Hause eingeladen, die kürzeste Nacht des Jahres mit viel eingelegtem Hering und natürlich snaps zu feiern…