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Fortbildung


Diese Woche sind für unsere Schüler Herbstferien, während für die Lehrer Montag-Mittwoch kompetensutvecklingsdagar oder studiedagar, Fortbildungstage sind. Wir Musikschullehrer sind dabei in jeder Hinsicht den Lehrern an den allgemeinbildenden Schulen gleichstellt.

Übers Schuljahr verteilt haben wir insgesamt 16 solcher Fortbildungstage, an denen unsere Schüler frei haben und wir unsere „Kompetenzen entwickeln“. Kompetenzentwicklung ist dabei ein sehr weit gefasster Begriff, eigentlich fällt darunter alles, was sonst im Alltag zu kurz kommt.

Klassischerweise sind die letzten Tage der Sommerferien solche Tage, da wird die Grobplanung fürs neue Schuljahr festgelegt, neue Kollegen eingearbeitet, fachübergreifende pädagogische Zielsetzungen erarbeitet und natürlich auch die individuelle Unterrichtsvorbereitung begonnen. Auch am Ende des Schuljahres liegen meist ein paar Fortbildungstage, in denen man das Schuljahr in Ruhe abschließen kann oder – wie wir letztes Jahr – Orchesterfahrten unternehmen kann. Die restlichen Tage liegen so wie jetzt in den Ferien oder auch mal mittendrin, die Schüler werden an diesen Tagen im Hort betreut.

Oft verbringt man die Fortbildungstage mit den engsten Kollegen, plant Konzerte und Projektwochen, probt gemeinsam oder macht endlich mal wieder Ordnung im Instrumentenvorrat und in der Notenbibliothek.

An zwei oder drei der Fortbildungstage werden Vorlesungen oder Seminare von externen Dozenten gehalten, in denen es ausschließlich um pädagogische Fragestellungen geht, z.B. den Umgang mit verhaltensauffälligen Kindern. Sofern die Themen auch für uns Musikschullehrer relevant sind, sind wir bei den Vorlesungen der Grundschulen (Klasse 1-9) dabei.

Regelmäßig finden aber auch Fortbildungen nur für uns Musikschullehrer statt, in denen wir dann Kollegen aus den umliegenden Kommunen treffen, oft gekoppelt mit Vorträgen von Vertretern des schwedischen Musikschulverbandes oder Kulturpolitikern.

Unabhängig von den festgelegten Fortbildungstagen besteht aber auch sonst jederzeit die Möglichkeit, auf Fortbildungen zu fahren. Für Fortbildungen unter der Woche bekommen wir „frei“ und müssen die Stunden auch nicht nachholen, wenn nicht wirklich handfeste Gründe dagegen sprechen. Generell ist da die Haltung unserer Chefs die, dass eine Fortbildung ja keine Vergnügungsreise ist, sondern Arbeitszeit und außerdem eine Investition in die eigene Organisation, die sich langfristig wieder auszahlt in Form von motivierten und kompetenten Mitarbeitern. Erfreulicherweise sehen die Eltern der Schüler das genauso.

So war ich zum Beispiel kürzlich bei einem dreitägigen Kongress des schwedischen Klavierpädagogenverbandes. Die Kongressgebühr übernahm mein Arbeitgeber zur Hälfte, ebenso die Anreise. Als Jonas mit allen seinen Streicherkollegen letztes Jahr beim Kongress der Streicherpädagogen war, wurden sogar alle Kosten, inklusive Unterkunft, übernommen.

Der Klavierpädagogenkongress fand Freitag-Sonntag statt und selbstverständlich habe ich den Samstag und den Sonntag als Überstunden im Computersystem registriert.

Diese Woche ist daher für mich recht entspannt: am Montag haben meine Kollegen und ich die kommenden Wochen bis Weihnachten geplant und am Freitag habe ich zum ersten Mal seit 2009 mal wieder selbst Klavierunterricht – bei einem Hochschuldozenten in Göteborg, den ich beim Kongress kennengelernt habe.

Den Rest der Woche arbeite ich meine Überstunden ab:

Puzzle

Arbeitsmoral


An meiner Musikschule arbeiten wir sehr eng mit den umliegenden Grundschulen zusammen, was unter anderem bedeutet, dass die Kinder bis zur 6. Klasse ihren Instrumentalunterricht während der normalen Unterrichtszeit nehmen dürfen. Natürlich gibt es Stunden, wo es besser passt und welche, wo es weniger gut passt und das ist bei jedem Schüler individuell verschieden.
Das führt mit sich, dass wir an der Musikschule erst unsere Stundenpläne legen können, wenn wir alle Stundenpläne der Grundschulen bekommen haben und das war bis jetzt nicht der Fall. Daher beginnt der Musikschulunterricht traditionell immer erst in der dritten Schulwoche.

Nun ist es nicht so, dass wir in den ersten zwei Schulwochen Däumchen drehen, aber trotzdem fällt es mir schwer, mich dem Arbeitstempo meiner Kollegen anzupassen. Heute zum Beispiel war so ein Tag, an dem ich nach Hause kam und mich ernsthaft fragen musste: war das jetzt ein Arbeitstag?

Nach der Orchesterfreizeit am letzten Wochenende waren wir mit dem Ergebnis zwar höchst zufrieden, aber leider konnte die Fahrt nicht von unserem Regionalbüro des „Riksförbundet Unga Musikanter“ bezuschusst werden, weil die Tagungsstätte ein paar Kilometer hinter der Distriktsgrenze lag (blöde Byråkraten!). Also müssen wir uns für die nächste Freizeit eine andere Unterbringung suchen. Und so kam es, dass ich heute mit drei Kollegen knapp eineinhalb Stunden durch den Wald gefahren bin, um mir eine halbe Stunde die Schlafzimmer und Proberäume einer Tagungsstätte anzusehen und anschließend eine kleine Wanderung am See gemacht habe die Möglichkeiten für Begleitaktivitäten im Freien ausgelotet habe. Hätte es nicht angefangen zu regnen, hätten wir wahrscheinlich auch noch den angrenzenden Badplatz einer intensiven Begutachtung unterzogen.

Dann war Mittagszeit und das nahegelegene Alingsås trägt nicht zufällig den Beinamen Caféstaden. Das Lunchbuffet in dem kleinen Ecklokal in der malerischen Innenstadt war sensationell.

Anschließend fuhren wir wieder heim. Feierabend. Gefühlte Arbeitszeit an diesem Tag: 30 Minuten.

Als ich auf der Heimfahrt meinte, dass dieser Tag sich jetzt nicht ernsthaft wie ein Arbeitstag anfühle, erntete ich verwundert-belustigte Blicke meiner Kollegen.

– Willst du vielleicht lieber an einem Samstag fahren und Deine Freizeit opfern?

– Ja… nein… aber…

– Wir können doch nicht mit den Kindern irgendwo hinfahren, wo wir selbst noch nicht waren. Wie sollen wir das denn den Eltern erklären? Und außerdem: wenn wir vier hier einen netten Tag verbringen, dann ist das gleichzeitig auch noch personalutveckling [„Personalentwicklung“… mir fehlt gerade ein passendes deutsches Wort]. Wir müssen doch als Team gut funktionieren, da sind solche Tage wichtig. Nur weil es Spaß macht, bedeutet das doch nicht, dass es keine Arbeit ist!