Vor einigen Wochen haben wir spontan bei einem Konzert von Skepplandas Kirchenchor ausgeholfen, weil dort gerade Mangel an Mittelstimmen herrschte und weil der Kantor auch unser Chorleiter im Nya MotettEnsemble ist. Weit hatten wir’s ja eh nicht. Die Veranstaltung war nichts Großes, nur ein Musikgottesdienst, dessen unausgesprochenes Motto wohl „Die schönsten Choräle aus den bekanntesten Bach-Kantaten“ war.
Während der Fikapause zwischen Generalprobe und Konzert saßen wir zufällig mit den beiden Geigern aus dem Muggerensemble (für Nichtmusiker: Mugge = Musik gegen Geld) zusammen in der Sonne, jeder ein Käsebrötchen in der Hand. Die beiden, verheiratet und etwa ein Jahrzehnt älter als wir, schienen sich unglaublich zu freuen, zwei andere Musiker zu treffen, ergriffen sofort die Initiative und so tauschten wir, ganz altmodisch auf eine Serviette gekritzelt, Telefonnummern und (Post-!)Adressen aus. Keine Emailadressen, kein Facebook (haben wir nicht).
Auch wenn wir uns sehr über diesen kurzen, aber herzlichen Kontakt gefreut hatten, wussten wir zunächst nicht, ob die Aufforderung, sich bald mal zu melden, wirklich ernst gemeint war – man will sich ja nicht aufdrängen. Und so lag die Serviette einige Zeit auf unserem Flügel herum und war auf dem sicheren Weg ins Notenstapel-Nirvana, wo sich auch schon wichtige Visitenkarten von Dirigenten, Versicherungsunterlagen, diverse Monatszeitschriften des Mieterbundes und ein Steuerbescheid tummeln…
Glücklicherweise war der Flügel nach dem Umzug und der Heizperiode inzwischen so verstimmt, dass wir neulich den Klavierstimmer hier hatten und das ist immer der notwendige Impuls, mal wieder den Flügel aufzuräumen (neben Elternbesuchen). Dabei fiel mir die Serviette wieder in die Hand. Mit dem Gedanken „wenn nicht jetzt, dann nie“ und ein wenig Herzklopfen rief ich die Nummer an. (Obwohl ich inzwischen ganz passabel schwedisch spreche, ist telefonieren immer noch eine Herausforderung).
Fünf Minuten später war ich um eine Wegbeschreibung und eine Einladung zum Lammsteakessen reicher.
Am Samstag darauf standen wir dann mit einer Flasche Pfälzer Wein (Vorrat von Weihnachten) auf der Matte und wurden begrüßt mit den Worten: „Eigentlich haben wir bisher ja nur 20 Minuten miteinander geredet, aber es fühlt sich an, als würden wir uns schon ewig kennen.“ Und das Eis war gebrochen.
Es folgten fünf sehr unterhaltsame Stunden mit exzellentem Essen, einem Spaziergang am nahegelegenen See und intensiver Fachsimpelei übers Angeln – der Gastgeber hat sich gerade die erste Angel seines Lebens gekauft und wir können gerade so einen Fisch von einer Ente unterscheiden.
Als wir uns schließlich in jeder Hinsicht ge- und erfüllt auf den Heimweg machten, sagte sie zum Abschied: „Nu är vi verkligen vänner! – Jetzt sind wir wirklich Freunde.“ Ich glaube, das war ernst gemeint: Demnächst gehen wir gemeinsam Bootfahren und Angeln. Und noch haben wir ein paar Flaschen Pfälzer Wein…