Jeden Montag und Freitag steht bei mir kulår („Lustigjahr“) auf dem Stundenplan. Dann fahre ich in eine oder mehrere Schulen irgendwo im Landkreis und stelle den Erstklässlern Geige und Kontrabass vor. Dreißig bis vierzig Minuten habe ich pro Klasse und Woche, nach vier Wochen geht es an eine andere Schule und mein Drehbuch beginnt von vorne.
Wenn man nur zwei Kinderbässe mitnehmen kann und in einer Stunde zwanzig oder noch mehr Sechsjährige diese ausprobieren sollen, ohne dass die Wartenden völlig durchdrehen, muss man das Ganze generalstabsmäßig planen. Mein bewährtes Konzept beruht auf einer einfachen Bassstimme zum überaus passenden Klassiker Drei Chinesen mit dem Kontrabass. Dabei lernen die Kinder gleich noch etwas Deutsch (und über die sprachliche Nähe zwischen Deutsch und Schwedisch) und außerdem bietet das Lied genug Variationsmöglichkeiten, um den kleinen Sängern etwas Abwechslung zu bieten. Manchmal tausche ich die Vokale aus, manchmal lasse ich die Kinder aber auch neue Länder aussuchen, aus denen die drei Bassisten kommen.
Und das ist ein sehr spannendes soziales Experiment:
An einer Schule in einem der einwandererreichen Viertel von Borås wählen Hassan, Tarek und Bashira ausschließlich ihr Hemland (Herkunftsland oder Herkunftsland der Eltern). Typische Antworten sind hier Syrien, Pakistan, der Kosovo oder Somalia.
In den eher homogen schwedischen Wohngebieten fallen die Länderwünsche anders aus: Hier erfährt man einiges über die Urlaubsvorlieben der Eltern von Oscar, Ebba und Lina und plötzlich singt man über drei Australier, Zyprioten, Thailänder oder Hawaiianer.
Interessant wurde es neulich in einer Dorfschule: Dort musste ich zunächst lernen, dass „der Kontinent“ sehr weit weg ist von Schweden – zumindest glaubten sowohl mein Musikkollege als auch die Klassenlehrerin, dass Korsika zu Italien gehört. Nachdem ich über weitere populäre Reiseziele aufgeklärt worden war, wollte ausgerechnet Fatih, das einzige Kind ohne schwedische Eltern, gerne von Kontrabass spielenden Schweden singen.