Braucht ihr eine Pause vom Home-Office, den Kindern, der Corona-Berichterstattung? Wollt ihr einfach einmal entspannen? Oder müsst ihr etwas gegen die Schweden-Sehnsucht tun? Sveriges Television SVT, der schwedische öffentlich rechtliche Fernsehsender, hat die Lösung: Den stora älgvandringen, die große Elchwanderung. Erlebe live, wie tausende Elche den Ångermanälven überqueren. Über 25 Kameras halten dieses atemberaubende Spektakel fest, und ihr könnt live mit dabei sein – hoffe ich zumindest, wenn die Übertragung im Ausland nicht gesperrt ist.
Ein wenig Eile ist jedoch geboten, die Sendung läuft nur noch bis zum 4. Mai. Also ran an den Laptop und… entspannen. Neben Elchen kann man übrigens auch Ren- und andere Tiere beobachten. Die meiste Zeit sieht man allerdings nur Wald und Fluss, das aber rund um die Uhr.
Die Kameras stehen übrigens in Kullberg bei Junsele in Ångermanland
So langsam wirds hier was mit dem Frühling. Vor einer Woche entdeckten wir die ersten Blåsippor und Vitsippor (Leberblümchen und Buschwindröschen) und an den Birken deutet ein hellgrüner Schleier an, dass es nicht mehr allzulange dauern kann. Nur in unserem Garten, da ist alles braun, aber das ist eine andere Geschichte.
Gestern am Feiertag wollten wir eigentlich einen größeren Ausflug machen, aber sowohl das Wetter als auch eine Spontanoperation am Mittwoch (ein komischer Leberfleck an meiner Fußsohle weilt nun nicht mehr unter mir) sprachen für einen Tag im Bett. Heute dann – für Schulkinder und Lehrer ein klämdag – weckten mich die Dämmerung und die Vögel um halb vier und ich konnte mich nur mit Mühe beherrschen, Jonas nicht sofort aus dem Bett zu schmeißen. Bis halb acht hab ich ihm gnädigerweise gegeben, dann konnte ich nicht mehr länger warten…
Etwa eine Autostunde südlich von hier, an den Grenzen des tiefen småländischen Waldes, wo meinen Kollegen zufolge nur noch Elche und deutsche Touristen leben, eröffnet sich am Ende einer geschotterten Stichstraße das Gehöft Fagerås. 1978 pflanzten die Bewohner hier die ersten Osterglocken und jedes Jahr kamen neue hinzu. Heute sind es etwa eine Million (Osterglocken, nicht Bewohner). Ich habe zwar keine Ahnung, wer das gezählt hat, auf jeden Fall sind es viele. Sehr viele. Da der Wetterbericht für den Nachmittag Wolken und Regen angekündigt hatte, wollten wir möglichst früh da sein und hatten so den Park die erste halbe Stunde fast für uns allein. Doch nach und nach füllte es sich und da wir beide ziemlich langsam unterwegs waren – ich humpelte an Krücken und Jonas robbte sich mit der Kamera vor der Nase bäuchlings durch das Blumenmeer – zog schon bald ein nicht abreißender Strom von Rollstühlen und Rollatoren an uns vorbei. Hätte ich nicht meine Krücken gehabt, wir hätten uns völlig fehl am Platz gefühlt. Das liebliche Zwitschern der Vögel wurde alsbald durch lautes Gackern und Schnattern fröhlicher Senioren übertönt. Trotz Busladungen aus nah und fern gönnten wir uns aber zum Abschluss dennoch ein Fika mit frischen Waffeln in der langsam hinter Wolken verschwindenden Sonne.
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Fazit: Fagerås zur Osterglockenzeit ist absolut einen Besuch wert und die Waffeln sind köstlich. Man muss nur zur richtigen Tageszeit da sein.
Auf der Weiterfahrt weckte dann ein kleines Schild unsere Aufmerksamkeit…
»Was da heute wieder für ein Gewusel ist! Immer wieder ein lustiges Spektakel, wenn diese Menschen aus ihrem Winterschlaf erwachen.«
»Hmm, Bananen, ich liebe Bananen.«
»Na toll, immer kriegen die Nachbarn zuerst ihr Mittagessen. *schmoll*«
»Haha, wie lustig der Mensch da guckt!«
»Was glotzt du mein Essen so an?«
»Was glotzt der Tiger mein Essen so an?!«
»Keine Angst, Rettung naht! Steig auf, ich bin das schnellste Pferd der Welt! Die Katzen kriegen uns nie!«
»Wann wird sie endlich den Unterschied zwischen Araber und Shetlandpony begreifen?«
»Da staunste, ne? Was Opa so alles weiß. Sogar mit Pferden kennt er sich aus.«
»Dein Opa ist halt ein schlaues Kerlchen.«
»Psst! Wusstest du schon, dass das Gehirn vom Strauß kleiner ist als seine Augen?«
»Hej, was tuschelt ihr da?!«
»Jetzt lass ihnen doch mal den Spaß! – Mein Gott,Was die da unten für Probleme haben… «
»Hurra, es schneit!«
»Was fürn Spaßvogel…«
»Das der nicht friert! Gehören Elefanten nicht eigentlich ins Warme?«
»Also bei uns ist’s schön warm und gemütlich.«
»Und ich? Mich fragt wieder kein Schwein. Mir ist nämlich saukalt! Na ja, wenigstens kommen wir mal wieder raus, und mit ein paar Besuchern nach der Winterpause wird’s hier doch gleich ein wenig interessanter.«
»Weiß gar nicht, was ihr habt. Das Wetter ist doch Klasse!«
»Genau! Endlich wieder Eisbaden! Aber freut euch nicht zu früh über den Trubel. Nach den Ferien ist hier nämlich wieder tote Hose bis Ostern. Und so richtig los geht’s dann erst Ende April.«
»Und dann kommen wir euch ganz bestimmt wieder besuchen!!!«
Im Jahr 2000 steckte das Internet noch in den Kinderschuhen, Emails waren noch nicht überall eine Selbstverständlichkeit und vieles wurde sogar noch der guten, alten Post anvertraut. In ebendiesem Jahr war ich als Austauschschülerin mehrere Monate in einer Kleinstadt mit einer Million Einwohnern in der tiefsten zentralchinesischen Provinz.
Da ich bei meiner Abreise wenig über meine Gastfamilie und meine Lebensverhältnisse in den kommenden Monaten wusste, aber schon vermutete, dass die Kommunikation schwierig werden könnte, vereinbarte ich mit meiner Mutter: Keine Nachrichten = gute Nachrichten.
Sollte heißen: Wenn ich mit Malaria darniederliegen, mit Blinddarmentzündung nach Hongkong ausgeflogen würde oder mir eine Rikschah den Fuß abgefahren hätte, dann hätte vermutlich jemand meine Mutter informiert. Im Normalfall bedeutete Funkstille aber höchstwahrscheinlich Stromausfall, keine Internet-/Telefon-/Faxverbindung oder schlicht: viele Erlebnisse und keine Zeit für Heimweh.
Die Funkstille, die hier auf Brevlåda in den letzten Wochen herrschte, ist auf letzteres zurückzuführen. Der Sommer, der sich im August letztlich doch noch hergetraut hat, war einfach zu kostbar, um länger als unbedingt notwendig vor dem Rechner zu sitzen. Außerdem waren in der alten Heimat Sommerferien, sodass wir viel Zeit mit urlaubenden Freunden hier in der Gegend verbracht haben. Die Kombination aus: Job mit Möglichkeit zum Homeoffice + Jonas‘ Semesterferien + VW-Bus + in Schweden (fast) überall verfügbares Internet ermöglichte uns drei lange Wochenenden in Folge, nur ab und zu mussten wir uns dann doch mal bei der Arbeit blicken lassen… (Das heißt nicht, dass ich nicht gearbeitet hätte, aber dabei mit Freunden vor deren Ferienhaus zu sitzen und nach der Arbeit noch schnell in den Vänern zu springen, hat schon was.)
…
Aber warum „wir“ bei der Arbeit – Jonas hat doch noch Semesterferien? Jein. Die Hochschule ruht zwar noch ein paar Tage, aber sein neuer Job als Kontrabass-/Streicherlehrer in einer kommunalen Kulturschule hat bereits begonnen. Aber davon soll er selbst demnächst hier berichten.
Naturgemäß sammelt sich bei so vielen Erlebnissen eine Menge Erzähl- und Fotomaterial an. Und unser Åland-Urlaub wurde hier auch noch nicht in der nötigen Ausführlichkeit bebildert, ebensowenig wie unser Ein-Jahr-in Schweden-Jubiläum gewürdigt wurde… waaaah, Freizeitstress!
Der hat die Ruhe weg.
Für kommendes Wochenende hoffe ich daher mal ganz ketzerisch auf schlechtes Wetter, damit neben meiner (deutschen) Steuererklärung von 2011 auch hier ein paar Zeilen entstehen können. Denn am Wochenende danach sind wir auf einen 40. Geburtstag bei (schwedischen) Freunden eingeladen, anschließend folgen drei Chorwochenenden mit Proben und CD-Aufnahme, dann eine Konzertreise nach Cambridge, dann eine Konzertreise nach Karlsruhe und dann ist Weihnachten. Jedenfalls gefühlt.
Auch wenn es hier gerade etwas ruhiger ist – irgendwann kommen auch wieder lange, dunkle Novemberabende und die eignen sich ja bekanntlich ausgezeichnet dafür, die Fotos des vergangenen Sommers zu sortieren und in den Erinnerungen an endlose Sommernächte zu schwelgen. Aber solange lassen wir euch nicht warten. (Wage ich jetzt mal mutig zu behaupten…) Ansonsten gilt: keine Nachrichten = gute Nachrichten.
Als ich es das erste Mal hörte, musste ich kurz schmunzeln, vergaß es aber bald wieder. Aber inzwischen wurde es mir von so vielen Menschen zugetragen – sogar meine Schwedischlehrerin erzählte die Geschichte im Kurs – dass ich mich langsam frage, ob ich die Wichtigkeit dieses Ereignisses nicht anfangs unterschätzt habe…
Was war passiert? Letzte Woche verirrte sich eine Elchkuh in einen Göteborger Villenvorort und fraß sich am Fallobst unter einem Apfelbaum satt. Leider hatten die Äpfel bereits einen gewissen Reifegrad überschritten und was die Elchkuh da fraß, hätte Medelsvensson teuer im staatlichen Alkoholmonopolgeschäft Systembolaget kaufen müssen. Und es zeigt sich, dass der schwedische Staat den Alkoholkonsum nicht zu unrecht so stark kontrolliert: Die schwergewichtige Dame war danach so betrunken, dass sie auf den Apfelbaum kletterte und nicht wieder herunterkam. Die Rettungsversuche der Anwohner scheiterten, es musste erst der Rettungsdienst mit einem Kran kommen.
Am nächsten Morgen hatte die Lady – allzumenschlich – einen Kater und war dementsprechend mies gelaunt…
Hier der Bericht aus den Abendnachrichten – zwar auf Schwedisch, aber die Bilder sprechen für sich: