Schlagwort-Archive: Freunde

Überwältigt | Överväldigad


Wetterbericht. Regen. Sonne. Lagerfeuer. Sauna. Grillwürstchen. Regen. Haarspray. Kalt. Lockenstab. Ruine. Rosenbogen draußen. Geschmücktes Ruderboot. Zwei Stunden Fotoshooting im Regen. Rosenbogen drinnen. Enttäuschung. Anruf. Rosenbogen draußen. Die Freude, als sich die ersten Gäste draußen sammeln. Bunte Regenschirme. Bootsfahrt ohne Regen. Menschen winken am Ufer. Ein Toastmaster zwischen frierenden Gästen, empfindlichen Instrumenten und einem Brautpaar, das unbedingt draußen heiraten will. Ein Streichquartett unter einem Pavillon. Hochzeit auf Troldhaugen. In Gummistiefeln den Gästen entgegen gehen. Ein Standesbeamter in Jeans. Ein Pfarrer als Übersetzer. Ein blühender Apfelbaum. Der laute Regen auf dem Regenschirm. Now is the month of maying. Ja. Nu är det gott att leva. Finger, die zu nass und zu steifgefroren sind, um den Ring von der einen an die andere Hand zu stecken. En vänlig grönskas rika dräkt. Menschen, die einander noch kaum kennen, aber sich gemeinsam unter ihre Schirme drücken. Gotländsk Brudmarsch.

Schuhe wechseln. Aufwärmen mit Champagner. Kinder mit Seifenblasen. Tipspromenad im Regen. Gruppenfoto mit Heliumballons. Abendsonne. Regenbogen. Blau-weiße Tische. Aperitif. Hurra! Hurra! Hurra! Hurra! Jonas‘ Stück. Wein. Vorspeise. Spontanfotos in der Abendsonne. Der ehemalige Tonsatzlehrer am Klavier und die Trauzeugin als Sängerin. Spontanchor. Elch. Vierzig Erwachsene tanzen ausgelassen in der Abendsonne Små grodorna und Laurentia. Grundstein für Muskelkater. Flagge einholen. Der Toastmaster an der Klarinette. Der ehemalige Klavierlehrer am Klavier. Ein ganz besonderes Wiegenlied. Tränen. Dankbarkeit.

Dessert. Klarinette und Klavier. Mitternacht. Der Toastmaster stimmt ein Geburtstagsständchen an. Den seltsamsten Geburtstag der letzten 31 Jahre feiern. Torte anschneiden. Noch mehr Klarinette und Klavier. Süßer Wein. Reisepläne. Alte Freunde. Neue Freunde. Neue Freundschaften…

Die Achterbahn rollt langsam aus. Wir sind immer noch überwältigt von den Eindrücken des Wochenendes – drei Tage mit unseren Familien und Freunden, die keine Kosten und Mühen gescheut haben, diesen Tag, dieses Wochenende, mit uns zu feiern. Bei aller Planung und Vorbereitung, die hinter diesem Fest standen, ist das, was uns jetzt am meisten erfüllt, das was wir nicht geplant haben: das warme Gefühl in unserem Freundeskreis geborgen zu sein. Unsere Hochzeit war so viel mehr als nur wir zwei; so viele Begegnungen zwischen Menschen, die sich nie zuvor getroffen haben, so viel Lachen, so viele Emotionen, so viel Wärme…

Worte reichen nicht aus um all das zu beschreiben. Wir sind unendlich dankbar, dass ihr dieses Wochenende mit uns geteilt habt. Danke.

För en gångs skull några ord på svenska som inte gått genom Google translate:

Berg-och-dal-banan saktar ner så småningom. Vi är fortfarande överväldigade av helgens alla intryck – tre dagar med våra familjer och vänner som firade den här dagen, den här helgen med oss. I all planering och alla förberedelser som log bakom den här festen – det som präglar våra minnen mest är det vi inte planerade: den varma känslan av trygghet när vi är med er, våra vänner. Vårt bröllop var så mycket mer än bara vi två; så många möten mellan människor som aldrig har träffats förut, så mycket skratt, så många känslor, så mycket värme…

Ord räcker inte till för att beskriva allt detta. Vi är oändligt tacksamma att ni delade den här helgen med oss. Tack.

Himmelfahrt auf Visingsö


Kurz vor Christi Himmelfahrt, einem unserer wenigen freien Wochenenden in diesem Frühjahr, musste unser VW-Bus in die Werkstatt und der Werkstattmann sagte uns direkt, dass das vor dem langen Wochenende nichts mehr werden würde, weil er ein Ersatzteil bestellen müsse. Wir hätten das Wochenende ja gerne für eine erste Probeausfahrt genutzt, hmpf…

Als wir dann letzte Woche Dienstag auf einem unserer zur Zeit sehr ausgedehnten Abendspaziergänge unangekündigt auf einen Kaffee bei Freunden vorbeischauten, erzählten sie uns freudestrahlend, dass sie gerade ihren Wohnwagen reisefertig gemacht hatten und am nächsten Tag für zwei Nächte nach Gränna am Vättern fahren wollten. Seufzend erzählten wir von unserem Pech mit der Reparatur und ohne zu zögern erwiderten sie sofort: dann fahrt doch mit uns, unser Wohnwagen ist groß genug für vier!

Die Aussicht, mit den beiden nach Gränna und Visingsö zu fahren, erschien uns durchaus verlockend, und der Wohnwagen ist wirklich ziemlich groß, also sagten wir zu.

Was wir mitnehmen sollten – Schlafsack, Bettwäsche? Neenee, sie bereiten alles vor, wir sollen lieber mit kleinem Gepäck kommen, Klamotten und Zahnbürste reichen. Wie im Fünf-Sterne-Hotel lobten wir, doch C. meinte, sie werde uns keine Schokoladentäfelchenaufs Kopfkissen legen. Wir einigten uns also auf nur vier Sterne.

Am Mittwochabend packten wir dann nach dem letzten Schüler fix zwei Taschen, eine mit unseren Klamotten, eine mit Wein und Grillzeug, denn wenigstens für das Abendessen wollten wir sorgen. Die beiden waren schon voraus gefahren und als wir gegen acht in Gränna ankamen, standen Wohnwagen und Vorzelt schon bereit.

Während ich drinnen half, Campingstühle und Tisch zusammenbauen, rief Jonas von draußen „Wo hast du denn die Tasche mit den Klamotten hingetan?“ – „Ich? Wieso ich? Du wolltest doch…“

Da standen wir also nach zwei Stunden Autofahrt, die Sonne wollte gerade fotogen im Vättern untergehen, das Fleisch lag auf dem Grill und der Wein war bereits geköpft und wir hatten keine Klamotten, außer denen die wir anhatten, was in Jonas Fall ein T-Shirt und eine Jeans war. In meiner Jacke hatten wir wenigstens die Weinflaschen transportsicher eingerollt. (Man muss schließlich Prioritäten setzen!)

Im Wunderwohnwagen fanden sich schließlich noch zwei eingeschweißte Zahnbürsten (Upgrade auf fünf Sterne!) und Jacken und Wechselklamotten werden beim Camping ohnehin überbewertet.

Am nächsten Tag verbrachten einen fantastischen Himmelfahrtstag auf Visingsö. Der Raps, der See, der Löwenzahn und die blühenden Obstbäume schienen sich gegenseitig in ihrer Farbenpracht übertrumpfen zu wollen, als wir mit Fahrrädern und Tandem über die Insel juckelten.

Erwähnten wir eigentlich schonmal, dass wir es hier unverschämt gut mit unseren neuen Freunden getroffen haben?

Keine Nachrichten = gute Nachrichten


Im Jahr 2000 steckte das Internet noch in den Kinderschuhen, Emails waren noch nicht überall eine Selbstverständlichkeit und vieles wurde sogar noch der guten, alten Post anvertraut. In ebendiesem Jahr war ich als Austauschschülerin mehrere Monate in einer Kleinstadt mit einer Million Einwohnern in der tiefsten zentralchinesischen Provinz.
Da ich bei meiner Abreise wenig über meine Gastfamilie und meine Lebensverhältnisse in den kommenden Monaten wusste, aber schon vermutete, dass die Kommunikation schwierig werden könnte, vereinbarte ich mit meiner Mutter: Keine Nachrichten = gute Nachrichten.
Sollte heißen: Wenn ich mit Malaria darniederliegen, mit Blinddarmentzündung nach Hongkong ausgeflogen würde oder mir eine Rikschah den Fuß abgefahren hätte, dann hätte vermutlich jemand meine Mutter informiert. Im Normalfall bedeutete Funkstille aber höchstwahrscheinlich Stromausfall, keine Internet-/Telefon-/Faxverbindung oder schlicht: viele Erlebnisse und keine Zeit für Heimweh.

Die Funkstille, die hier auf Brevlåda in den letzten Wochen herrschte, ist auf letzteres zurückzuführen. Der Sommer, der sich im August letztlich doch noch hergetraut hat, war einfach zu kostbar, um länger als unbedingt notwendig vor dem Rechner zu sitzen. Außerdem waren in der alten Heimat Sommerferien, sodass wir viel Zeit mit urlaubenden Freunden hier in der Gegend verbracht haben. Die Kombination aus: Job mit Möglichkeit zum Homeoffice + Jonas‘ Semesterferien + VW-Bus + in Schweden (fast) überall verfügbares Internet ermöglichte uns drei lange Wochenenden in Folge, nur ab und zu mussten wir uns dann doch mal bei der Arbeit blicken lassen… (Das heißt nicht, dass ich nicht gearbeitet hätte, aber dabei mit Freunden vor deren Ferienhaus zu sitzen und nach der Arbeit noch schnell in den Vänern zu springen, hat schon was.)

Aber warum „wir“ bei der Arbeit – Jonas hat doch noch Semesterferien? Jein. Die Hochschule ruht zwar noch ein paar Tage, aber sein neuer Job als Kontrabass-/Streicherlehrer in einer kommunalen Kulturschule hat bereits begonnen. Aber davon soll er selbst demnächst hier berichten.

Naturgemäß sammelt sich bei so vielen Erlebnissen eine Menge Erzähl- und Fotomaterial an. Und unser Åland-Urlaub wurde hier auch noch nicht in der nötigen Ausführlichkeit bebildert, ebensowenig wie unser Ein-Jahr-in Schweden-Jubiläum gewürdigt wurde… waaaah, Freizeitstress!

Der hat die Ruhe weg.

Für kommendes Wochenende hoffe ich daher mal ganz ketzerisch auf schlechtes Wetter, damit neben meiner (deutschen) Steuererklärung von 2011 auch hier ein paar Zeilen entstehen können. Denn am Wochenende danach sind wir auf einen 40. Geburtstag bei (schwedischen) Freunden eingeladen, anschließend folgen drei Chorwochenenden mit Proben und CD-Aufnahme, dann eine Konzertreise nach Cambridge, dann eine Konzertreise nach Karlsruhe und dann ist Weihnachten. Jedenfalls gefühlt.

Auch wenn es hier gerade etwas ruhiger ist – irgendwann kommen auch wieder lange, dunkle Novemberabende und die eignen sich ja bekanntlich ausgezeichnet dafür, die Fotos des vergangenen Sommers zu sortieren und in den Erinnerungen an endlose Sommernächte zu schwelgen. Aber solange lassen wir euch nicht warten. (Wage ich jetzt mal mutig zu behaupten…) Ansonsten gilt: keine Nachrichten = gute Nachrichten.

Nu är vi vänner…


Vor einigen Wochen haben wir spontan bei einem Konzert von Skepplandas Kirchenchor ausgeholfen, weil dort gerade Mangel an Mittelstimmen herrschte und weil der Kantor auch unser Chorleiter im Nya MotettEnsemble ist. Weit hatten wir’s ja eh nicht. Die Veranstaltung war nichts Großes, nur ein Musikgottesdienst, dessen unausgesprochenes Motto wohl „Die schönsten Choräle aus den bekanntesten Bach-Kantaten“ war.

Während der Fikapause zwischen Generalprobe und Konzert saßen wir zufällig mit den beiden Geigern aus dem Muggerensemble (für Nichtmusiker: Mugge = Musik gegen Geld) zusammen in der Sonne, jeder ein Käsebrötchen in der Hand. Die beiden, verheiratet und etwa ein Jahrzehnt älter als wir, schienen sich unglaublich zu freuen, zwei andere Musiker zu treffen, ergriffen sofort die Initiative und so tauschten wir, ganz altmodisch auf eine Serviette gekritzelt, Telefonnummern und (Post-!)Adressen aus. Keine Emailadressen, kein Facebook (haben wir nicht).

Auch wenn wir uns sehr über diesen kurzen, aber herzlichen Kontakt gefreut hatten, wussten wir zunächst nicht, ob die Aufforderung, sich bald mal zu melden, wirklich ernst gemeint war – man will sich ja nicht aufdrängen. Und so lag die Serviette einige Zeit auf unserem Flügel herum und war auf dem sicheren Weg ins Notenstapel-Nirvana, wo sich auch schon wichtige Visitenkarten von Dirigenten, Versicherungsunterlagen, diverse Monatszeitschriften des Mieterbundes und ein Steuerbescheid tummeln…

Glücklicherweise war der Flügel nach dem Umzug und der Heizperiode inzwischen so verstimmt, dass wir neulich den Klavierstimmer hier hatten und das ist immer der notwendige Impuls, mal wieder den Flügel aufzuräumen (neben Elternbesuchen). Dabei fiel mir die Serviette wieder in die Hand. Mit dem Gedanken „wenn nicht jetzt, dann nie“ und ein wenig Herzklopfen rief ich die Nummer an. (Obwohl ich inzwischen ganz passabel schwedisch spreche, ist telefonieren immer noch eine Herausforderung).

Fünf Minuten später war ich um eine Wegbeschreibung und eine Einladung zum Lammsteakessen reicher.

Am Samstag darauf standen wir dann mit einer Flasche Pfälzer Wein (Vorrat von Weihnachten) auf der Matte und wurden begrüßt mit den Worten: „Eigentlich haben wir bisher ja nur 20 Minuten miteinander geredet, aber es fühlt sich an, als würden wir uns schon ewig kennen.“ Und das Eis war gebrochen.

Es folgten fünf sehr unterhaltsame Stunden mit exzellentem Essen, einem Spaziergang am nahegelegenen See und intensiver Fachsimpelei übers Angeln – der Gastgeber hat sich gerade die erste Angel seines Lebens gekauft und wir können gerade so einen Fisch von einer Ente unterscheiden.

Als wir uns schließlich in jeder Hinsicht ge- und erfüllt auf den Heimweg machten, sagte sie zum Abschied: „Nu är vi verkligen vänner! – Jetzt sind wir wirklich Freunde.“ Ich glaube, das war ernst gemeint: Demnächst gehen wir gemeinsam Bootfahren und Angeln. Und noch haben wir ein paar Flaschen Pfälzer Wein…

Winterfreuden


Da ich am Freitag leider eine Absage von meinem erhofften neuen Arbeitgeber erhalten hatte, mussten wir dieses Wochenende unbedingt was Schönes machen.
Deshalb haben wir gestern eine befreundete deutsch-schwedische Familie besucht, die hier in der Nähe „im Wald“ wohnt. Eigentlich wollten wir gemeinsam Eisangeln gehen, aber da es doch ziemlich windig, kalt und ungemütlich war, gingen wir direkt wieder ins Haus, nachdem wir das Loch gebohrt hatten.

Wir waren einigermaßen beruhigt, als wir sahen, dass das Eis an die 30cm dick war. Der Jüngste schien trotzdem ziemlich Angst davor zu haben, sich auf dem Eis aufzuhalten, was sein Vater mit den Worten „ist halt ein halber Deutscher“ kommentierte…

Heute, am Sonntag, konnten wir in der Sonne frühstücken, die jetzt bereits wieder zur (Sonntags-)Frühstückszeit in unsere Küche scheint. Das Thermometer auf der Außenfensterbank stieg dann auch rasch auf unrealistische +15° an – die tatsächliche Lufttemperatur dürfte jedoch tatsächlich im Plusbereich gewesen sein.
Bei diesen fantastischen Voraussetzungen mussten wir unbedingt an den Hultasjön, wo wir ja im Sommer immer baden gehen, und wo auch das Ferienhaus liegt, das Jonas Eltern an Weihnachten gemietet haben.

Mit dem Wissen, dass das Eis dick genug ist, noch dazu bei warmer Mittagssonne und Windstille war das heute ein echter Wintertraum – oder doch schon vårvinter (Frühlingswinter), die schwedische fünfte Jahreszeit?
Wir waren bestimmt zwei Stunden auf dem Eis und ich war danach auch ordentlich durchgeschwitzt, obwohl ich meine Winterjacke schon bald ausgezogen hatte. Warum? Seht selbst…

Zugegeben, meine besten Zeiten als Eisprinzessin habe ich wohl hinter mir, aber zu meiner Verteidigung muss ich auch sagen, dass die Schneedecke auf der Eisfläche ganz schön gewöhnungsbedürftig war und das Eis mit schönem Eishalleneis ungefähr so viel gemein hatte, wie eine Schotterstraße mit einer Bowlingbahn…