Schlagwort-Archive: himmel

Öland


In der Woche vor Ostern hatten wir Osterferien, und natürlich mussten wir die Gelegnheit nutzen, um unseren VW-Bus zum zweiten Mal in diesem Jahr auf einen Kurzurlaub auszuführen. Die Wahl des Reiseziels fiel auf die Insel Öland im Südwesten Schwedens, da diese für ihr mildes Klima bekannt ist. Außerdem wollten wir sowieso schon länger mal dahin, aber im Sommer ist es dort so voll von Touristen, dass wir die Reise in den großen Ferien gescheut haben. Jetzt vor Ostern waren aber nur ein paar Vogelnerds dort, die die unglaubliche Vielfalt an durchziehenden und brütenden Vögeln beobachten.

Leider hatte ich am Samstag noch ein Konzert mit der Musikschule, so dass wir erst am Samstagabend losfahren konnten. So schafften wir es zunächst nur die halbe Strecke bis Nässjö im tiefsten Småland, wo wir für die Nacht Halt machten. Als wir dann am nächsten Tag losgefahren sind, hatten wir es noch nicht einmal bis zurück auf die Hauptstraße geschafft, als sich der Keilriemen unseres treuen WoMos mit einem leisen, aber deutlich hörbaren *pang* verabschiedete…

ADAC angerufen, nach einer Stunde kam der Abschleppwagen, „Nein, ich kann da nichts machen, so einen Keilriemen habe ich nicht dabei.“ So wurden wir dann zur nächsten VW-Werkstatt geschleppt, wo natürlich niemand arbeitete, es war ja Sonntag.

 

Wir werden abgeschleppt.
Wir werden abgeschleppt.

Also haben wir notgedrungen den Tag in der Metropole Nässjö verbracht, die vor allem als Eisenbahnknotenpunkt bekannt ist und neben einem riesigen Bahnhof eigentlich gar nichts zu bieten hat. Zum Glück konnte dann aber unser sehr freundlicher und kompetenter Mechaniker den Keilriemen gleich Montag früh wechseln und schon um halb neun rollten wir weiter Richtung Öland.

Das erste Wahrzeichen von Öland sahen wir dann noch bevor wir auf der Insel waren. Die 1972 eröffnete Brücke über den Kalmarsund war immerhin einmal die längste Brücke Europas und bis heute ist sie mit gut sechs Kilometern die längste Brücke Schwedens.

Ölandsbron
Ölandsbron

Auf Öland bogen wir zunächst nach Süden ab. Dort ist vor Ostern noch mehr los als im touristischeren Norden, wo die meisten Sehenswürdigkeiten, Cafés und Geschäfte erst an Gründonnerstag oder Karfreitag aufmachen sollten. Der Süden hingegen ist vor allem für die ungewöhnliche Natur bekannt, und die interessiert sich zum Glück nur bedingt für Ferien und Feiertage, an denen sich das Geschäft lohnt.

Wichtigster Landschaftstyp auf Öland ist das sogenannte Alvar, eine karge Heidefläche, deren Untergrund aus nur wenigen Zentimetern Erde besteht, die auf hartem Kalkstein liegt. Hierher haben die Bauern früher ihr Vieh getrieben, heute fühlen sich vor allem Vögel wohl. Damit das Gebiet nicht übermäßig verbuscht, wird aber auch heute noch Vieh zum Weiden insbesondere auf Stora alvaret, die größte Alvarfläche Ölands, getrieben.

Stora Alvaret
Stora Alvaret

An Ölands südlichstem Zipfel stößt das Alvar dann auf das Meer. Hier tummeln sich Unmengen seltener Vögel, Ziel aller nach Öland pilgender Vogelnerds. Für diese und für alle Naturinteressierte hat man aus der kleinen Häuseransammlung rund um den Leuchtturm Långe Jan ein Vogelbeobachtungs- und Informationszentrum gemacht. Die gesamte Umgebung ist wunderschön und bietet nicht nur Vögel, sondern vor allem Linie viel Ruhe und eine fantastische Weitsicht in alle Richtungen.

Nicht nur an der Südspitze, überall ist das Meer gegenwärtig, wenn man auf Öland ist, denn die Insel misst an ihrer breitesten Stelle gerade einmal 16 km. Und nicht nur das Meer, sondern vor allem der unglaublich weite Himmel mit allen seinen Wolkenformationen und Farben (wenn auch das Blau dominierend war) hatte es der Fotografin an meiner Seite angetan.

Noch vor Ölandsbron und Stora alvaret ist Öland wegen seiner vielen Windmühlen bekannt, von denen es einmal an die 2.000 gab. Heute sind immerhin noch gute 400 erhalten, die sorgsam gepflegt und vor dem Verfall bewahrt werden. Wo immer man in Öland hinfährt, an ein paar Mühlen kommt man immer vorbei.

Windmühle in Mörbylånga.
Windmühle in Mörbylånga.

Ein wenig Kultur und Zivilisation stand natürlich auch auf dem Programm: Ein Bummel durch das „mondäne“ Borgholm, in dessen Nähe die königliche Familie ihren Sommerurlaub verbringt; ein Spaziergang durch Mörbylånga, wo der schwedische Maler Per Ekström gewirkt hat; ein sehr leckeres Abendessen in Sandviks kvarn, Nordeuropas größter WIndmühle; ein Besuch bei den alten Kalksteinbrüchen an der nördlichen Westküste, die eine tragende Rolle im Roman Öland von Johan Theorin spielen, den Annika während des Urlaubs gelesen hat. So richtig wohl war ihr daher beim kraxeln durch den Steinmännchenwald nicht, wer weiß, ob nicht irgendwo dort eine Leiche rumliegen würde…

Bis zur Nordspitze haben wir es dann nicht mehr geschafft, denn am Ostersonntag musste Annika im Gottesdienst Daher bleibt uns wohl nichts anderes übrig, als in naher Zukunft wieder nach Öland zurückzukehren, um auch wirklich alles gesehen zu haben. Was ein schlimmes Schicksal…

IMGP0025

Der Winter kommt


Nach dem Hochwasser von letzter Woche kam jetzt endlich die Kälte. Naja… Kälte… ein paar harmlose Minusgrade waren es. Aber es reichte, um unsere Lieblingswege wieder begehbar zu machen.

Zum Vogelturm

Vom Bohlensteg durch „unser“ Naturschutzgebiet lassen sich ganz fantastische Eisformationen fotografieren, die sich an überschwemmten Baumstämmen und Gräsern bilden. Die in Farbe recht flachen Bilder gewinnen in schwarz-weiß an Struktur.

Die Wasserstände sind seit letzter Woche wieder deutlich gesunken, was dazu führt, dass jetzt an vielen Bäumen die Eisplatten wie Baumpilze festgefroren sind.

Unser Haussee beginnt auch endlich langsam vom Ufer her zuzufrieren, aber der Wind verlangsamt den Prozess.

Ob wir diesen Winter wohl noch mit den Schlittschuhen unterwegs sein werden wie letztes Jahr? Erst mal genießen wir das Abendlicht…

Stimmung im Keller


Wetter und Stimmung hängen bei mir ziemlich oft zusammen. Sonnenschein mit gemäßigter Wärme, Schnee, Sturm in allen Varianten (wenn niemand aus der Familie Autofahren muss, auch Schneesturm), Eiseskälte, Herbstfrost, Post-Nebel-Frost an den Bäumen, warmer Sommerregen oder auch Prä-Gewitter-Himmel sorgen für gute Laune.
Übermäßige Hitze (also alles ab 25°C), Schwüle (auch unter 25°C), „Vårvinter“ (Frühlingsmatschwetter), Dauerregen und Hoch-, Tief- und sonstiger Nebel drücken eher aufs Gemüt.

Seit meinem Flug nach Stuttgart vor fast einem Monat habe ich hier in Schweden keine Sonne mehr gesehen – und das liegt nicht daran, dass sie gerade um halb neun auf- und um halb vier untergeht. Nein, das liegt daran, dass sie gar nicht mehr durchkommt. Durch den Nebel. Und den Hochnebel. Und die Wolken. Und den flüssigen Nebel. Also dieses Zeug, das mehr ist als Nebel, aber weniger als ordentlicher Regen. Das alles bei lauwarmen 3-10°C. (Der einzige Trost ist, dass Jonas die 70 km nach Borås nicht auf gefrorenen Straßen fahren muss.)

Die Stimmung also im Keller? Nein, wir haben hier ja keinen Keller, wo die Stimmung hingehen könnte. Noch nicht. Das wird sich aber zum Jahreswechsel ändern. Jaaaa, wir ziehen um! Heute morgen kam der langersehnte Anruf eines Vermieters.

Ich sage es ja nur ungern, aber wir hatten einfach unanständig viel Glück, ähnlich wie schon vor anderthalb Jahren. Wieder war es die erste Wohnung, in die wir uns sofort verliebt haben, nur dass wir diesmal eigentlich nicht so schlimm unter Stress standen wie damals. Schließlich drohten uns nicht die Obdachlosigkeit oder die Preise des Göteborger Wohnungsmarktes, sondern wir hätten uns eigentlich bequem erstmal 20 Wohnungen anschauen können und deutlich wählerischer sein können. Aber was können wir denn dafür, dass wir gleich bei der ersten Besichtigung einen Volltreffer landen? Ok, das mit dem Volltreffer dachten die 40 anderen Interessenten vermutlich auch. Ähnlich wie bei meinem Job hingen wir auch hier eine ganze Weile in der Luft. Alle drei Tage haben wir uns eine neue (mehr oder weniger überflüssige) Frage ausgedacht, um den Vermieter anzurufen, ein bisschen netten Smalltalk zu machen und uns als nette, zuverlässige, doppeltverdienende kinder- und haustierlose Lehrer in Erinnerung zu bringen. Und… was soll ich sagen… es hat funktioniert!

Ab Januar werden wir also in etwas wohnen, das die Schweden eine Villa nennen, in einem freistehenden Einfamilienhaus. Für uns fühlt es sich auch so schon sehr hochherrschaftlich an. Fast doppelt so groß wie aktuell, aber nur ein Bruchteil mehr Miete. Vier frisch renovierte Zimmer und Küche. Garten. Zwei Terrassen. Keller. Garage. Spülmaschine, Waschmaschine und Trockner. Wintergarten mit (Grill-)Ofen. 2 km zur Arbeit für mich, 12 für Jonas. Fahrradwege in beide Richtungen. 2-4 Busse pro Stunde. Badplats in fußläufiger Entfernung. Sauna im Keller.

Sogar unser Herr Schiedmayer bekommt Gesellschaft: Unser Vermieter wusste nicht, was er mit dem Klavier der Vormieter anstellen sollte und meinte bei der Besichtigung etwas hilflos: „Hm, ist ein ganz schönes Möbel und ich wusste nicht, wohin damit. Störts euch? Dann entsorg ich das noch.“ Ochnee, lass ma…
Das Möbel ist – soweit wir das unter der Schutzfolie beurteilen konnten – ordentlich in Schuss und gestimmt. Jetzt wird das ja vielleicht doch noch was mit den Hauskonzerten für zwei Klaviere…

Die Stimmung ist also trotz miesen Novemberwetters gerade alles andere als im Keller. Im Gegenteil: In Zukunft können wir sogar zum Feiern in den Keller gehen! In unseren echt knorke, holzgetäfelten Partykeller im 60er-Jahre-Stil Retro-Stil. Der passt stilmäßig auch superdufte zum Badezimmer, das dem ähnelt, was dabei rauskommt, wenn sich Käseigel, Eierlikör und kalte Ente nach einem Abend im Partykeller zusammen auf den Rückweg machen das ganz in warmem bahamabeige gehalten ist.