Nun sind wir schon fast eine Woche hier, aber mir kommt es schon wie eine Ewigkeit vor, weil bis jetzt jeder Tag so proppevoll mit Eindrücken und Erlebnissen war. Bis heute morgen waren ja auch noch Jonas‘ Bruder und dessen Freundin hier und heute ist der erste Abend, an dem wir hier alleine sind. Aber der Reihe nach.
Montag – der Auszug

Dank vieler helfender Hände – nochmal ein dickes DANKE an euch!!! – ging das Kistenschleppen erfreulich fix und selbst beim Wohnungsputz hatten wir noch Helfer. Der Umzugs-LKW war dann auch um 11:30 schon wieder weg, während wir noch die Wohnung übergaben. Für den Flügel hatten wir eine eigene Firma engagiert, die unseren Herrn Schiedmayer aus dem 3. Stock runtertragen und den Transportschlitten und Rollwagen an die beiden Männer vom Umzugsunternehmen übergeben sollten. Der Flügel war auch fix im LKW verschwunden, nur haben sie aus unerfindlichen Gründen Schlitten und Rollwagen mitgenommen. Böser Fehler…
Gegen eins konnten wir dann auch aufbrechen. Jonas und Bruder im VW-Bus, meine „Schwippschwägerin“ und ich im Twingo. Die Fahrt nach Travemünde bei Lübeck war soweit ereignislos und glücklicherweise haben sogar beide Autos noch einen Platz auf der Fähre um 22:00 nach Malmö gekriegt, während unser LKW die kürzere Fähre nach Trelleborg nehmen musste und damit am nächsten Morgen zwei Stunden vor uns in Schweden ankommen sollte.
Dienstag – der Einzug
Gegen 7 Uhr kamen wir in Malmö an und starteten direkt durch nach Skepplanda, schließlich hatte der LKW schon einigen Vorsprung (dachten wir zumindest). Nach etwa dreieinhalb Stunden kamen wir an und Per, der Platzverwalter der Wohnungsgesellschaft, mähte gerade vor unserer Wohnung den Rasen. Die Wohnung war blitzblank geputzt, das hatte offensichtlich eine Reinigungsfirma gemacht, so sauber kann eine Küche eigentlich nur sein, wenn sie gerade neu eingebaut ist (ich weiß, wovon ich rede, ich hatte in Karlsruhe gerade noch einen ganzen Tag lang unsere Küche geputzt!).

Alle Elektrogeräte, d.h. Kühlschrank, Waschmaschine, Trockenschrank und – endlich! – Spülmaschine sahen ebenfalls aus wie frisch ausgepackt und sind von einer namhaften deutschen Weißwarenfirma.
Unser LKW war noch nicht da, also hatten wir noch Zeit für einen Gang zu unserem Minisupermarkt im Ort. Am fortgeschrittenen Nachmittag – wir fragten uns allmählich, ob sie nicht doch die Fähre nach Litauen genommen hatten und dort gerade unseren kompletten Hausstand vertickten – kam dann endlich auch der LKW. Sie hatten in Trelleborg eine falsche Adresse ins Navi eingegeben und waren direkt zu ihrem nächsten Kunden in der Nähe von Växjö gefahren. Da wir ja jetzt ebenerdig wohnen, waren die Kartons und die Möbel zügig ausgeladen – und dann kam der Flügel. Ohne Schlitten, ohne Rollwagen.

Zuerst versuchten wir eine Schiebelösung mit massenhaft Wolldecken. Unmöglich. Dann konstruierten wir eine Gurttragevorrichtung (Auf der Gurtverpackung stand: „ACHTUNG! Nur zum Verzurren, nicht zum Transport schwerer Gegenstände!“), die uns – oder vielmehr: den Flügel – aber auch nicht nennenswert weiterbrachte. Schließlich fuhr Jonas mit einem der Umzugsmänner in den nächsten Baumarkt, um einen Rollwagen zu kaufen. Fehlanzeige. Ziemlich frustiert saßen wir sechs dann da und wussten nicht richtig weiter.
Ziemlich hoffnungslos fragte Jonas schließlich Milan, den Maler, der gerade unsere Dachbalken rot anmalte, ob er nicht eine Idee habe. Und siehe da: aus seinem Werkzeugschuppen holte Milan einen hydraulischen Hebewagen, der unser Problem in kürzester Zeit löste. 20 Minuten später stand der Flügel unversehrt und spielbereit im Wohnzimmer. Milan ist übrigens nach eigenen Angaben Jugoslawe und hat 8 Jahre in Mainz gelebt und freute sich riesig mal wieder deutsch sprechen zu können – was er gleich dazu nutzte, mich zu fragen, ob ich nicht seiner immer noch in Deutschland lebenden Frau eine Arbeitserlaubnis z.B. als Putzhilfe verschaffen könnte.
Mittwoch – Kisten auspacken
Was soll ich viel schreiben, außer auspacken haben wir an diesem Tag nicht viel gemacht.
Donnerstag – erster Kontakt mit schwedischen Behörden und IKEA
In Schweden gibt es kein Einwohnermeldeamt, denn die Anmeldeformalitäten übernimmt das skatteverket (Finanzamt), dann kennt zumindest die wichtigste schwedische Behörde schonmal die neue Adresse… Bevor wir uns dort aber anmelden und damit eine Personennummer beantragen konnten, mussten wir zunächst unser Aufenthaltsrecht als EU-Bürger beim migrationsverket registrieren. Das hatten wir schon zwei Wochen zuvor von Deutschland aus online gemacht und uns auf eine Wartezeit von 3 Monaten eingestellt. Aber siehe da: Als wir einzogen, lag der wichtige Brief vom Migrationsverk bereits seit 10 Tagen in unserem neuen Briefkasten. Also konnten wir damit direkt zum Skatteverk gehen und die Personennummer beantragen. Das war ein unkomplizierter Gang mit einem zweiseitigen Formular ohne irgendwelche Wartezeiten. Jetzt heißt es 4-6 Wochen auf die Personennummer warten.

Das Skatteverk liegt auf dem Weg zu unserem nächsten IKEA, der etwa 30 km entfernt ist. Auch dazu muss ich nicht viel sagen, es gibt dort Billy, Benno und Köttbullar. Und das Regal, dessentwegen man dorthin gefahren ist, ist gerade nicht mehr im Lager. Also alles genauso wie in einem deutschen IKEA.
Abends lockt ein Sprung in „unseren“ See, nur 8 km entfernt. Inzwischen hüpfe ich rein, ohne mich vorher abzukühlen. Wir haben noch nicht gemessen, aber er hat wohl so um die 20 Grad. Und wenn man abends hingeht, hat man den See auch ganz für sich alleine.
Freitag – Ausflug nach Trollhättan

Jonas zweiter Bruder ist gerade in Oslo und kam übers Wochenende. Da die Bahnstrecke vor unserem Dorf noch die nächsten zwei Wochen umgebaut wird, konnte er nur bis Trollhättan fahren, was wir dazu nutzten, uns die Stadt anzuschauen. In Trollhättan sitzen Saab und Volvo Aero, außerdem ist es die Geburtsstadt von Vattenfall, denn dort steht das „Ur-Wasserkraftwerk“ an einem Wasserfall, der heute noch zu touristischen Zwecken im Sommer eine Viertelstunde am Tag geöffnet wird. Als wir dort waren, fiel tatsächlich jede Menge Wasser, sodass wir uns schnell in das absolut empfehlenswerte Technik- und Naturwissenschaftsmuseum Innovatum verkrochen.

Samstag – Ausflug ans Meer
Mit nun drei Feriengästen und bestem Sommerwetter bot sich ein Ausflug in die Schären geradezu an.

Marstrand liegt auf einer Schäre desselben Namens etwa eine Autostunde von uns entfernt. Man kann mit dem Auto bis auf die vorletzte Insel fahren, dann geht es mit einer kleinen Fähre hinüber nach Marstrand. Dort machen viele Schweden Urlaub, aber auch superreiche Russen mit ihren schicken Yachten kann man dort sehen. Oder man macht sich zu Fuß auf den Weg in den westlichen Teil der Insel und kann sich ganz schnell wie der einzige Insulaner fühlen.
Sonntag – Ausflug in Königs Elchjagdrevier
Nahe Trollhättan gibt es zwei Tafelberge direkt am Vänern – Halle- und Hunneberg -, wo die Königsfamilie wohl regelmäßig auf Elchjagd geht, was die Wahrscheinlichkeit, dort einen Elch zu sehen, zumindest außerhalb der Jagdsaison deutlich erhöht. Uns reizte jedoch mehr die Vorstellung, von einer 50 m hohen Steilklippe aus über den Vänern zu schauen und eine schöne Wanderung zu unternehmen, daher haben wir auch das Elchmuseum links liegen gelassen. Abends wartete dann in Trollhättan der Zug nach Oslo auf Jonas Bruder.
Montag – Alltag kehrt ein
Nachdem vormittags auch unsere beiden geduldigen Umzugshelfer abgereist sind, war das heute unser erster Tag allein in unserem neuen Heim. Inzwischen haben wir zumindest einen Internetstick, mit dem sich das Surfen ein bisschen anfühlt wie in den späten 90ern, so langsam ist es. Daher können wir leider noch nicht skypen, aber wir sind an einer besseren Internetverbindung dran. Immerhin habe ich heute ernsthaft mit der Jobsuche beginnen können und meine Daten in verschiedenen Jobbörsen hinterlegt.

Zum ersten Mal haben wir heute einen längeren Spaziergang von unserem Haus aus unternommen. Nur 100m von hier beginnt ein Urwald, wo man hinter jedem Baum Ronja Räubertochter erwarten könnte und der noch viele Möglichkeiten für unterschiedliche Runden über Stock und Stein bereithält. Und für den Winter gibt es eine beleuchtete Loipenrunde durch den Wald. Das ist doch was anderes als unsere Standardrunde durch die Karlsruher Schrebergärten.
Viel los also in den letzten Tagen und jeden Tag so viel Neues. Die nächsten Tage werden wir hier noch weiter rumräumen und ein Besuch bei IKEA steht auch noch an, bevor für Jonas nächsten Montag das Semester startet. Bis dahin genießen wir hier den Spätsommer, der uns mit viel Sonne und Temperaturen zwischen 20 und 25 Grad beglückt. So solls sein!