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23. Dezember 2012 – Die Weihnachtsgeschichte auf älvdalisch


„Alle wissen ja, wie die Geschichte geht, mit Maria und Bethlehem und so und dass sie schwanger war und so weiter. Und dann hört man diese Worte und man versteht sie, obwohl man sie nicht wortwörtlich versteht. Das ist ein ziemlich krasses Gefühl.“

So beschreibt Lena Willemark die Reaktionen ihrer Zuhörer, wenn sie das Lukasevangelium auf älvdalisch liest, eine Sprache, die heute nur noch von etwa 3000 Menschen in Älvdalen in Norddalarna an der Grenze zu Norwegen gesprochen wird. Die meisten Linguisten sind sich inzwischen einig, dass diese Sprache mehr ist als ein unverständlicher schwedischer Bauerndialekt. Vielmehr vermutet man, dass sich diese Sprache parallel zu den Vorgängersprachen von Schwedisch und Norwegisch als eigenständiger Sprachzweig aus dem Altnordischen entwickelt hat, der sich aus nicht genau bekannten Gründen bis heute erhalten hat.

Dass Älvdalska mehr als ein Dialekt des Schwedischen ist, zeigt sich zum Beispiel in der Grammatik: schwedisch hat heute nur noch zwei Kasus, älvdalska hingegen vier: wargen (der Wolf) / wardjin (den Wolf) / wardjem (dem Wolf) / wardjemes (des Wolfes). (Hobbylinguisten dürfen sich jetzt über die mit dem deutschen verwandten Kasusendungen freuen.)

Auch in Sachen Aussprache hat Älvdalska einiges zu bieten: nasale Vokale, den ð-Laut (wie in engl. father), den ja auch das Isländische heute noch benutzt, und Triphtonge. Das ist sowas wie ein Diphthong, nur mit drei Buchstaben, z.B. uoev – Huf.

Obwohl die Sprache so alt ist, geht sie doch mit der Zeit und „verälvdalt“ neue Wörter wie z.B. webbsaiður oder tanjentbuärd (Tastatur, von schwed. tangentbord). Wer sich weiterbilden möchte, dem empfehle ich Skrievum dalska, eine zweisprachige Seite (älvdalisch/schwedisch) eines Hobbysprachforschers, die man sich auch komplett anhören kann.

Doch zurück zu Lena Willemark von Jul i folkton und dem Lukasevangelium. Ihr wisst ja, wie die Geschichte geht, mit Maria und Bethlehem und so…

Adventskalender: 1. Dezember 2012 – God afton und Julpolska


Und wieder ist es soweit, der Dezember hat begonnen und Brevlåda hat einen Adventskalender vorbereitet. Letztes Jahr gab es hier ausschließlich Musik aus dem Norden, dieses Jahr werden wir ein etwas gemischteres Programm bieten mit allerlei Weihnachtlichem aus Skandinavien.

Los geht es aber trotzdem mit Musik: Mit einer lebhaften Weihnachtspolska – Achtung: Polska hat nichts mit Polka zu tun! – begrüßt uns Jul i Folkton, die auch im letzten Jahr schon einen Beitrag zum Adventskalender gestellt haben.

God afton härinne så mången som här är.
God afton härinne så mången som här är,
både unge och gamle som jorden den bär.
Vi önskar eder alla ett fröjdefullt år.
Att var och en ungkarl sig en ungve kan få,
och att var och en ungve sig en ungkarl kan få.

15. Dezember 2011 – Morsgrisar är vi allihopa


„Mutterschweine sind wir alle zusammen, du auch und ich auch!“ – da wird einem doch richtig weihnachtlich zumute! Dieses Lied hat wohl eher nichts mit christlichen Traditionen zu tun und kann daher auch gerne beim Tanz um die majstång gesungen werden. Daher gehört dazu natürlich auch ein Tanzspiel: Man fasst sich an den Händen, tanzt im Hopserlauf um den betreffenden Baum und zeigt bei den Worten „ich auch“ auf sich, bei „du auch“ auf irgend jemand anderen. Zugegeben, eher ein Spiel für Kinder, aber an Weihnachten und Mittsommer darf halt jeder Kind sein.

Eigentlich sind diese Um-den-Baum-Tanz-Lieder eher einfach gehalten. Jul i folkton (Weihnachten im Volkston), eine Folk-Gruppe, die jedes Jahr mit traditionellen Weihnachtsliedern in modernen Folk-Arrangements quer durch Schweden tourt, ist das aber zu langweilig: Sie singen Morsgrisar als Polska; einer traditionellen Tanzform, deren rhythmische Feinheiten mir noch ziemlich schleierhaft sind und die anscheinend auch in jedem Dorf etwas anders ausgeprägt sind. Mit Polka hat der/die/das Polska jedenfalls nichts zu tun. Angeblich handelt es sich lediglich um einen 3/4-Takt, wie beim Walzer – nur eben rhythmisch etwas unsauber gespielt. Naja – gegen den/die/das Polska sind die rhythmischen Unregelmäßigkeiten beim Wiener Walzer auf jeden Fall ein Kinderspiel.

Morsgris (Mutterschwein) bedeutet in diesem Zusammenhang so viel wie „Verzogene Göre“. In dieser Bedeutung ist das Wort zum ersten Mal im Jahr 1613 schriftlich festgehalten worden – lustigerweise ungefähr zur selben Zeit wie unsere „Göre“. Es ist eng mit dem dazugehörigen Lied verknüpft und daher wird vermutet, dass auch schon im 17. Jahrhundert „morsgrisar är vi allihoppa!“ gesungen wurde.

Um der Gleichberechtigung der Geschlechter gerecht zu werden, singt Jul i folkton übrigens noch eine zweite, „lange vergessene“ Strophe dieses alten Volkslieds: „Männerschweine sind wir alle zusammen!“

Morsgrisar är vi allihopa, allihopa, allihopa!
Morsgrisar är vi allihopa, allihopa, jag med!
Du med, och jag med, du med och jag med!

Mansgrisar är vi allihopa, allihopa, allihopa!
Mansgrisar är vi allihopa, allihopa, jag med!
Du med, och jag med, du med och jag med!