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Beobachtungen zum HomeMusikschooling


Seit Januar haben wir in der Musikschule ausschließlich Distanzunterricht. Nach 10 Monaten Pandemie war das Konzept Homeschooling/Homeoffice auch bei den schwedischen Kommunen durchgesickert. Wir bekamen gnädigerweise eine Woche „schülerfrei“, in der die nötigen Vorkehrungen getroffen wurden, um ins Homeoffice umzuziehen. Seitdem teilen Jonas und ich nicht nur Tisch und Bett, sondern nennen unsere Küche Personalraum und wir regen uns drüber auf, wie schlecht geputzt die Toiletten am Arbeitsplatz sind.

Scherz beiseite. Ich sitze im Wohnzimmer am Flügel, Jonas mit seinem Kontrabass im Arbeitszimmer. Ja, wir hören einander, aber es ist erträglich. In der Musikschule habe ich den Trompetenlehrer als Nachbar…

Die Ausrüstung

Unser Arbeitgeber hat uns schon vor 6 Jahren mit Dienstlaptop und -handy ausgestattet (und die Geräte seither alle 2 Jahre erneuert). Ich benutze für meinen Videounterricht hauptsächlich Zoom, vor allem weil die Klangqualität dort mehr Einstellungen als andere Programme erlaubt. Das ist wichtig, wenn man nicht ausschließlich spricht, sondern auch Töne fabriziert, was viele der anderen Videokonferenzprogramme als „Störgeräusche“ interpretieren und wegfiltern. Unser Arbeitgeber stellt uns aber auch Lizenzen für Google Meet und Microsoft Teams zur Verfügung, was ich mit manchen Schüler*innen verwende, wenn sie damit besser zurechtkommen, weil sie das in der Schule auch benutzen. Außerdem haben wir – wie die meisten Haushalte in unserer Kommune – seit 4 Jahren einen Glasfaseranschluss.

Ich wähle mich immer mit sowohl Laptop als auch Handy gleichzeitig ins Gespräch ein. Im Rechner filme ich mich seitlich, sodass der*die Schüler*in mein Gesicht und meinen Oberkörper samt Hände sieht. Das Handy schwebt mittels Stativ senkrecht über den Tasten und filmt meine Hände in Nahaufnahme von oben.

Die meisten Schüler*innen nehmen ihre Schul-Tablets auch für den Musikschulunterricht. In Klasse 3-9 stellt die Kommune allen Schüler*innen ein eigenes Tablet zur Verfügung, in der Oberstufe je nach Schule auch ein Laptop. Auch das nicht pandemiebedingt, sondern schon seit mehreren Jahren.

Gegen die Bildschirmmüdigkeit habe ich mir eine Tageslichtlampe direkt hinter den Laptopbildschirm gestellt. Die wirkt Wunder! Ich halte die Unterrichtsstunden zwischen 17 und 20 Uhr damit deutlich besser durch. Schlechter im Griff habe ich die Nacken- und Rückenschmerzen. Das permanente Nach-Links-Gucken in den Bildschirm bzw Gerade-in-den-Bildschirm-gucken und schräg rechts hinter mir Klavier spielen ist nur so mittelprächtig. Und überhaupt: das viele Sitzen. Isch hab Rücken… – und neuerdings einen Gymnastikball sowie in 5 Wochen einen Termin beim Physiotherapeuten.

Mein Homeoffice: Laptop auf Karton für besseren Kamerawinkel, Blick aus dem Fenster für bessere Laune, alternativ Tageslichtlampe, Stehlampe, Gymnastikball, Flügel mit Handystativ für Tastenkamera. Hinter den Noten versteckt: schlafende Katze.

Eindimensionale Kommunikation und zu wenig Pausen

Ja, das Online-Unterrichten hat viele Nachteile. An oberster Stelle steht für mich dabei, dass ich im normalen Unterricht mindestens genauso viel nonverbal kommuniziere wie verbal, dass aber online quasi nur das Verbale übrig bleibt. Je jünger das Kind, desto schwieriger empfinde ich den Unterricht. Auch, weil die Jüngeren noch nicht so selbstverständlich mit ihrem Tablet sprechen und umgehen wie die älteren. Aber nach drei Wochen Homemusikschooling lösen sich die Hemmungen allmählich. Trotzdem: viele Herausforderungen am Instrument lassen sich IRL einfach durch Vormachen-Nachmachen bewältigen, das ist online viel mühseliger.

Ich finde das Unterrichten am Bildschirm auch deshalb anstrengender, weil die Pausen fehlen. Zwar habe ich größtenteils den gleichen Stundenplan, aber IRL ist es für mich auch eine Minipause, wenn der*die Schüler*in reinkommt, Jacke und Schultasche ablegt, Noten rauskramt, Klavierhocker zurechtschraubt, usw. Da gehen sicher 2-5 Minuten pro Unterrichtsstunde für drauf, je nachdem, aus wieviel Lagen Kleidung man sich so rausschälen muss und wie tief die Noten in der Schultasche vergraben sind. Zeit, in der mein Gehirn ausruhen kann, und die ich low-key für Beziehungspflege mit meinen Schüler*innen nutzen kann.

Positive Nebeneffekte

Beim Onlineunterricht hingegen sitzen meine Schüler*innen in 99% der Fälle zu Stundenbeginn bereits fertig am Klavier, haben häufig bereits einige Minuten gespielt und brennen darauf, mir die Hausaufgabe vorzuspielen. Klingt komisch, ist aber so. Meine Schüler*innen kommen pünktlicher und besser vorbereitet zu ihrer Onlineklavierstunde als in die Musikschule. Viele erzählen mir, dass sie nach dem Unterricht einfach am Klavier sitzen bleiben und das Neugelernte sofort üben. Und tatsächlich: üben hilft, wie wir Musiker sagen. Das kompensiert sogar manches, was ich im Unterricht gerade nicht vermitteln kann, möchte ich behaupten. Ein weiterer positiver Nebeneffekt ist, dass in vielen Fällen die Eltern mehr eingebunden sind, als wenn das Kind alleine nach der Schule zum Unterricht kommt. Sei es, weil sie zu Beginn der Stunde beim Starten des Programmes helfen, oder weil sie im Hintergrund gerade kochen oder im Musik-Hobbyraum auf dem Laufband nebendran schwitzen, während das Kind Unterricht hat. Wenn das Kind damit kein Problem hat – warum sollte ich? (Ok, das Keuchen unbekannter Herkunft war anfangs… öööh… seltsam… aber als das Kind die Kamera drehte und den Papa beim Laufen filmte, war ich beruhigt.)

Was ich auch gerne im Onlineunterricht benutze, ist die Aufnahmefunktion in Zoom. Der*die Schüler*in schneidet dabei die Videokonferenz mit, während ich das neue Stück spiele und kann sich das hinterher beliebig oft anschauen und anhören. Nicht nur üben hilft, auch Wiederholung.

Beziehungspädagogik online? Für die Katz!

Ich merke, wie ich online bewusst mehr Zeit einplanen muss, um die Beziehungsebene im Unterricht aufrecht zu erhalten. Ich verfalle leicht ins Marathon-Unterrichten, 20 Minuten ohne Luft holen, dann sofort der*die nächste. Vor allem bei Schüler*innen, wo es eh schon „flutscht“, stopfe ich leicht zu viel Inhalt in eine Unterrichtsstunde, weil ich permanent das Gefühl habe, die Onlinesituation kompensieren zu müssen. Das tut mir nicht gut und dem Kind oder dem/der Jugendlichen auch nicht. Pulcinella ist mir da eine gute Assistentin. Wenig lockert den Onlineunterricht so effektiv auf, wie eine Katze, die durchs Bild läuft, „asufvhnatvnnnn“ in den Chat schreibt oder gar auf die Klaviertastatur springt. Wenn Pulcinella jedoch ihre Dienste verweigert, muss ich selbst daran denken. Sich über die Schule auskotzen, erzählen, wo man Schlittenfahren war oder dass der Familienhund eingeschläfert werden musste, stolz die neue Klaviernotentasche herzeigen. All das passiert in meinem Unterricht normalerweise ganz automatisch und nebenher, Klavierunterricht ist auch Beziehungspädagogik. Online muss ich mich regelmäßig ermahnen, dem gezielter Raum zu geben.

Unsere Katze macht jetzt auch Homeoffice!

Weniger Fehlzeiten – trotz oder dank Corona?

Schon im Herbst, als wir noch vor Ort unterrichteten, stellte ich fest, dass die Anwesenheit meiner Schüler*innen deutlich stieg. Natürlich wurde penibel darauf geachtet, Kinder bei den geringsten Symptomen zu Hause zu behalten. Gleichzeitig sanken die Ausfälle wegen Kindergeburtstag, Fußballmatch, Thailandurlaub oder Mein-Hamster-hat-Namenstag. Die letztgenannten Entschuldigungen fallen bekanntlich nach wie vor weg, aber jetzt habe ich auch wieder die „Ich-habe-ein-bisschen-Husten“-Kranken und neulich sogar ein fiebriges Kind im Schlafanzug. Also Anwesenheit nahezu 100%. Bei meinem Stundenplan, der so auf Kante genäht ist, dass ich eigentlich nur überlebe, weil ab und zu mal jemand nicht kommt, ist das – aus meiner Sicht – suboptimal. Gleichzeitig freue ich mich natürlich, dass für viele der Klavierunterricht gerade ein wichtiger Anker im Alltag zu sein scheint, wenn so vieles anderes nicht stattfindet.

Die Kolleg*innen

Nein, ich bin kein Fan von Online-Unterricht, auch wenn es hier, glaube ich, besser funktioniert als an manchen deutschen Schulen und Musikschulen. Von meinem Herzenskind Orchester habe ich noch gar nichts geschrieben; da sieht die Sache nochmal sehr anders aus als im Einzelunterricht. (Spoiler: schlechter.)

Allerdings finde ich es aktuell sehr erleichternd, mir nicht mehr permanent Gedanken um Abstand halten und Tasten desinfizieren zu machen, ob ich mich irgendwo angesteckt habe, oder andere anstecke. Und ja, wir alle haben unterschiedliche Strategien, um mit der Gesamtsituation klarzukommen, aber manche Kolleg*innen gingen mir diesbezüglich zuletzt echt auf den Senkel.

Die Kolleg*innen hingegen, mit denen ich sonst gerne meine Pausen verbringe, treffe ich ab und zu auf einen Spaziergang in der Mittagspause oder am Vormittag.

Wir haben nach wie vor 2×60 Minuten Videokonferenz in der Arbeitsgruppe sowie 1×120 Minuten Tuttikonferenz pro Woche, online natürlich. Vier Stunden Konferenz pro Woche klingt nach viel, aber viel Zeit davon geht dafür drauf, Konzerte und Events vorzubereiten. Das fällt zur Zeit natürlich aus, dafür verwenden wir einiges an Zeit für Online-Fortbildung, manche Kolleg*innen brauchen auch nach einem halben Jahr Onlinekonferenzen noch Hilfe dabei, die Kamera ein- und das Mikrofon auszuschalten. Außerdem haben wir auch noch Klassenunterricht mit Instrumentvorstellung, was gerade per wöchentlichem Instrumentefilm gelöst werden soll. Und die Filme drehen sich auch nicht von alleine…

Manche Konferenzen – und das war auch schon vor Corona so – ließen sich jedoch leicht durch eine Email ersetzen. Mehr möchte ich aber dazu nicht ins Internet schreiben.

Wie gehts weiter?

Aktuell gehen in Schweden die Diskussionen, dass ab Woche 8 wieder vor Ort unterrichtet werden soll. Schulen, Kulturschulen und auch Sportvereine sollen für Kinder und Jugendliche wieder öffnen auch die Oberstufen. Nicht, dass die Infektionszahlen das in irgendeiner Weise rechtfertigen würden. Borås liegt derzeit bei einer 7-Tage-Inzidenz von 230/100.000 Einwohner*innen und damit etwa im schwedischen Durchschnitt.

Aber ich bin weder Politikerin, noch Virologin, noch Krankenhauspersonal. Als systemirrelevante Klavierlehrerin ist meine Meinung zur Pandemie und deren Bekämpfung genau das: irrelevant. Und ich bin inzwischen ausreichend pandemiemüde um mich noch darüber zu echauffieren.

Vier hässliche Lieschen und eine Kopfschmerztablette, bitte!


Schüler, 3. Klasse, erste Klavierstunde nach den Sommerferien:
„Ich hab ein neues Lied gelernt, von meiner Cousine! Es heißt „Lis Fyra“!“*

 

Anderer Tag, andere Schülerin, 7. Klasse. Erste Klavierstunde nach den Sommerferien:
„Ich habe ein neues Lied gelernt, von meiner Freundin! Es heißt „Ful Elise“!“**

 

Gleicher Tag, später am Nachmittag, Schüler, 5. Klasse. Wir machen Fingerübungen zum Aufwärmen und Anknüpfen an früher bereits Gelerntes. Kind spielt D-Fis-A, Daumen, Mittelfinger, kleiner Finger.

Ich: „Wie nennt man denn das, was du da gerade spielst?“
Kind: …?
Ich: „Also wenn man drei Töne spielt, die dann gleichzeitig klingen…“
Kind: …?
Ich: Könnte das vielleicht was mit Drei…. zu tun haben, wenn da drei Töne klingen?
[Auf Schwedisch: …när det klingar tre toner?]
Kind: …?
Ich: „T…“
Kind: „T…“
Ich: „Tr…“
Kind: „Tr…“
Ich: „Treee…“
Kind: „Tre… Tree… Treee…“
Kind (strahlt): „Treo!“***

Treo 500mg/50mg 60st (1/1)


*fyra = vier
** ful = hässlich
*** Treo: Handelsname für Kopfschmerzbrausetabletten mit Acetylsalicylsäure und Koffein. Die richtige Antwort wäre treklang, also Dreiklang gewesen.

Ich komme heute später, weil…


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Diese SMS bekam ich kürzlich von einem Klavierschüler, neunte Klasse:
Hej! Komme wohl etwas später heute weil Zeitmangel usw

Ich bin ja glücklich, wenn sie ihr Handy benutzen, um damit mit mir zu kommunizieren. Und „Zeitmangel usw“ ist wirklich eine schöne Entschuldigung. So erwachsen. Mal eine Abwechslung zu „Ich kann nicht kommen, wir schreiben morgen nen Mathetest./ Ich muss zum Zahnarzt./ Mama hat vergessen meine Tasche zu packen./ Mein Freundin hat ein neues Pony.“

Schön auch, wenn Form und Inhalt so kongruent sind wie hier. Eine ausführliche Erklärung mit Zeichensetzung und allem Pipapo, warum die Zeit knapp ist, wäre ja auch unglaubwürdig. Stattdessen fokussiert er auf die wichtigen Dinge, zunächst auf der Beziehungsebene: „Hej!“ Wie schön! Trotz Zeitmangel usw nimmt er sich die Zeit, mir eine Anrede zu schreiben, noch dazu mit Satzzeichen, das einzige in der ganzen SMS! Dann gehts direkt zur Sache: „Kommer…“. Wer wird sich denn mit so Kinkerlitzchen wie einem Satzsubjekt aufhalten, wenn man im Telegrammstil schreiben kann? Immerhin, die Zeit reicht für das kleine Wörtchen nog (=wohl, vermutlich), es gibt also noch ein Fünkchen Hoffnung, dass er es doch noch pünktlich schafft. Schließlich kommt die SMS schon um 15.00 und seine Klavierstunde beginnt erst 30 Minuten später.

Offensichtlich wollte er mir auch zunächst eine längere Erklärung schreiben, warum er zu spät kommen würde, darauf deutet die Konjunktion „eftersom“ hin, die gemeinhin einen vollständigen beigestellten Hauptsatz einleitet. Ich sehe es bildlich vor mir, wie er den Satz beginnt, versucht, sein voraussichtliches Zuspätkommen plausibel zu begründen, es wieder löscht, neu anfängt und schließlich ganz erschöpft aufgibt und sich mit der Erklärung Zeitmangel zufrieden gibt. Zeitmangel, die Geißel meiner und offensichtlich auch seiner Generation. Er ahnt, dass damit alles gesagt ist, denn das schöne Wörtchen Zeitmangel deckt so ungefähr alle Unwägbarkeiten des Lebens ab, einschließlich der unvorhergesehenen Ereignisse, die zwischen Unterrichtsschluss und Klavierstundenbeginn auftreten können. Oder? Ist damit wirklich alles, alles, also wirklich erschöpfend ALLES gesagt? Oder sollte man noch besser ein nachdrückliches Undsoweiter hinterherschieben? Die Zeit ist knapp, aber die jugendliche Unsicherheit groß, daher ein Kompromiss: usw  – Ohne Satzzeichen. Dafür reicht die Zeit nun wirklich nicht. Aber wenigstens umfasst ein usw nun endgültig alles andere, was nicht schon im Subtext zu Zeitmangel enthalten war. Fertig. Senden!

Um 15:40 steht ein duftender Jüngling vor mir: die Haare frisch gegelt, der weiche Flaum rasiert und die ganze Erscheinung in eine Wolke von Rasierwasser, Duschgel und Deo eingehüllt, und erklärt mir: „Wir hatten in der letzten Stunde Sport.“

Als ich am Ende der verkürzten Unterrichtsstunde die Tür meines Unterrichtsraumes öffne und ihn und seine Duftwolke nach draußen entlasse, sitzt auf dem Flur seine neue Freundin und wartet. Das erklärt doch so viel mehr als Zeitmangel usw

Schülermund X


Am Montag bekam ich eine SMS von einer Schülerin:

„Hej! Ich kann am Donnerstag nicht zum Klavierunterricht kommen, wegen eines Praktikums in der Schule. Und nächste Woche ist Christi Himmelfahrt, da sehen wir uns auch nicht. Kannst du meiner Schwester neue Noten für mich mitgeben, die hat morgen Querflöte. Ansonsten hab ich jetzt drei Wochen lag nichts zu üben. :-(“

Dass ich aber auch nicht vorausschauender geplant habe… ts ts ts… schließlich hatte sie am Sonntag im Konzert ihr aktuelles Stück „abgeliefert“ und sitzt seither auf dem Trockenen.

Man soll ja keine Lieblingsschüler haben, aber manchmal machen sie’s einem echt schwer.


Schülermund I, Schülermund II, Schülermund III, Schülermund IV, Schülermund V, Schülermund VI, Schülermund VII, Schülermund VIII, Schülermund IX

Schülermund VIII – Ich konnte (nicht) üben, weil…


Zu Beginn jeder Stunde frage meine Schüler immer, wie es in der vergangenen Woche mit dem Üben geklappt hat. Nicht zu Kontrollzwecken – ob das Kind geübt hat oder nicht, merke ich sowieso nach zwei Takten – , sondern um dem Schüler oder Schülerin die Chance zu geben, Fragen zur Hausaufgabe zu stellen oder gleich zu sagen, dass er oder sie nicht geübt hat und warum. Weiß ich gleich zu Beginn, dass das Kind die ganze Woche keine Taste angerührt hat (was zum Glück eher selten ist), dann kann ich uns beiden das dröge „Ich-habe-nicht-geübt-versuche-aber-trotzdem-das-Stück-durchzuspielen-Theater“ ersparen und baue stattdessen die Stunde anders auf. Manchmal gibt es ja durchaus triftige Gründe, warum man nicht zum Üben gekommen ist, und wenn das mal passiert, ist das auch kein Drama.

Heute frage ich also eine siebzehnjährige Schülerin: „Und, wie liefs die Woche mit dem Üben?“ – „Super, ich war krank und war die ganze Woche nicht in der Schule, endlich konnte ich mal soviel üben wie ich Lust hatte!“

Offensichtlich hatte sie viel Lust gehabt.


Schülermund I, Schülermund II, Schülermund III, Schülermund IV, Schülermund V, Schülermund VI, Schülermund VII

Schülermund VII: Mit Schornstein!


Heute mit einer neuen Gruppe Erstklässler im kulår (Instrumentenkarussel):

In der ersten Stunde habe ich immer ein paar Bilder dabei, um die verschiedenen Mitglieder aus der Familie der Tasteninstrumente vorzustellen. Klavier, E-Piano, Keyboard und Flügel wurden bereits erfolgreich identifiziert, da meldet sich ein kleiner Dreikäsehoch:

„In der Kirche, da steht auf dem Balkon ein Klavier mit Schornsteinen!“

(Immer wieder lustig, das Lustigjahr…)


Schülermund I, Schülermund II, Schülermund III, Schülermund IV, Schülermund V, Schülermund VI

Schülermund VI – Schlechte Stimmung


Der Steinway-Flügel in unserem Orchestersaal und die beiden Klaviere in meinem Unterrichtsraum lasse ich zweimal im Jahr stimmen, jeweils zu Beginn der Schulhalbjahre im August und im Januar. Dennoch verstimmen die Instrumente recht schnell und gerade jetzt während der Heizperiode ist es fast unerträglich. Jedenfalls für mich, die ich täglich mehrere Stunden die verstimmten Oktaven ertragen muss. Die meisten meiner Schüler reagieren (leider) nicht darauf oder stören sich eher an anderen Dingen, wie „die Pedale sind viel tiefer als bei meinem E-Piano“ oder „das Polster an meinem Klavierhocker ist viel weicher“ oder „mein Klavier zuhause hat aber Kerzenständer dran“.

Gestern hatte ich aber einen sehr ambitionierten Sechstklässler, der nach drei Takten aufhörte und sagte „Annika, ich kann da nicht spielen. Das klingt so falsch.“ Recht hatte er. Mit dem Wissen, dass ich ihm nach den Weihnachtsferien wieder ein gestimmtes Klavier präsentieren kann, änderte ich also kurzfristig mein Stundenkonzept und hielt eine Stunde zum Thema Instrumentenkunde und wie das Innenleben eines Klavieres so aussieht.

Schließlich kamen wir zur Ausgangsfrage zurück, warum ein Klavier eigentlich die Stimmung verliert.

– „Überleg mal, ein Klavier ist aus Holz und Holz ist ein natürliches Material und reagiert auf die Umgebungstemperatur. Was passiert denn im Winter, wenn es draußen Minusgrade hat und hier drinnen ist es schön warm? Und wenn ich dann ab und zu das Fenster zum Lüften aufmachen muss?“

– „Das Klavier verrottet.“


 

Schülermund I, Schülermund II, Schülermund III, Schülermund IV, Schülermund V

Kleine Alltagsfreuden


Wenn die Welt Kopf steht, darf man sich dann trotzdem über ganz banale Alltagssituationen freuen?

Heute erreichte mich eine SMS von einer Schülermutter:

– „Annika, kannst du dir das hier mal anschauen?“ und dann der Link zu einem zwei Jahre alten Digitalpiano auf Blocket, dem größten schwedischen Online-Flohmarkt.

IMG_20151117Nach kurzer Recherche schreibe ich zurück:

– „Sieht gut aus, soll das der Weihnachtsmann ausliefern? ;-)“

Antwort:

– „Prima! Sie hat Anfang Dezember Geburtstag und wir überlegen unser E-Piano zu ersetzen. Unseres ist 20 Jahre alt und langsam etwas mitgenommen. Sie liebt es Klavier zu spielen und der Unterricht macht ihr so viel Spaß! Danke für die Hilfe, dann fahren wir da vielleicht mal hin und probieren es aus. Sie weiß noch nichts :-)“

Made my day.