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Mini-Urlaub


Endlich ist bei uns der Winter eingebrochen! Nach einem grauen November-Dezember-Januar wurde es vor gut zwei Wochen kalt, die Seen sind alle zugefroren und am letzten Wochenende kamen gute fünfzehn Zentimeter Schnee. Seitdem bewegt sich das Thermometer zwischen fünf und über zehn Minusgraden und die Sonne scheint öfter, als dass sie sich hinter Wolken versteckt. Zusammen mit unserem Home-Office also beste Bedingungen, um endlich mal wieder die Skier aus dem Keller zu holen – das letzte Mal haben wir das vor zwei oder drei Jahren geschafft.

Rund um Borås gibt es diverse Sportvereine, die größere und kleinere Loipen spuren. Gegen eine freiwillige Spende oder geringe Gebühr kann diese jede*r Langläufer*in nutzen und es gibt für jeden Geschmack die passende Runde: Von der idyllischen Tour durch Wälder und über Moore bis hin zur Skatingspur für den ambitionierten Vasalopps-Anwärter. (Der Vasalopp ist das größte Langlaufevent in Schweden, ein neunzig Kilometer langer Volkslauf mit zuletzt fast einhundertausend Teilnehmern, verteilt auf diverse Disziplinen wie halbe Distanz, Kinderlauf, Jugenddistanz, Staffel, 30 Kilometer und inzwischen auch Sommervarianten mit Mountainbike und in Laufschuhen…). Da die Schneemenge leider nicht so groß ist, sind viele Waldstrecken noch nicht gespurt, es gibt aber auch Anlagen mit Kunstschnee und insgesamt mehr als genug Loipenkilometer für die wahrscheinlich dann doch wieder kurze Saison.

Die erste Runde drehten wir am Mittwochmorgen, an dem wir beide frei hatten – endlich mal ein Vorteil mit den seltsamen Arbeitszeiten als Musiklehrer. Morgens um halb zehn waren wir die allerersten auf der frisch gespurten Kunstschneerunde an der GIF-stuga (stuga = Hütte, in diesem Fall die Vereinshütte eines Boråser Allround-Sportvereins), nicht einmal zehn Minuten von zu Hause entfernt.

Am Freitag hatte Annika frei, Überstunden abfeiern. Ich konnte einige Stunden schon vorher einarbeiten und so standen wir in der Nähe von Sandered an den anfängerfreundlichen Loipen der SOK-stuga. Ziemlich flach ging es hier bei strahlendem Sonnenschein über weite Wiesen und Felder. Eine weitere Strecke durch den Wald war landschaftlich wunderschön, sprach allerdings wegen der deutlich schlechteren Schneesituation eher uns Spazier-Läufer an als die sportlich-ambitionierten Skifahrer*innen.

Gestern fiel die Wahl dann auf die Spuren des Sportvereins Ymer – ausnahmsweise mal ohne stuga, denn die liegt ein paar Kilometer weiter im Tal und die Loipe dorthin war nicht befahrbar, genauso wie die Verbindungsstrecke zum Boråser Skistadion. Hier gab es wieder eine kürzere Runde über die Felder und eine fünf Kilometer-Strecke durch Wälder und über ein Hochmoor.

An den bisherigen Loipen war es ziemlich ruhig gewesen, auch am Samstag standen dort höchstens zwanzig oder dreißig Autos. An der Hestra-stuga, für die wir uns heute entschieden hatten, sah es etwas anders aus: Der dortige Club betreibt eine sehr aktive Langlauf-Sparte, es gibt Trainingsangebote für Kinder, Jugendliche und Erwachsene aller Leistungsstufen, man kann vor Ort Skier leihen (wenn ich es richtig gesehen habe, gratis für Kinder und Jugendliche!), es gibt eine recht lange Kunstschneespur, die Loipe wird teilweise sowohl für klassischen Stil als auch Skaten präpariert; das zieht viel Publikum an…

Der Parkwächter (!) konnte uns noch einen der letzten Parkplätze zuweisen und am Spureinstieg wuselte es ziemlich. Zum Glück konnte man trotzdem noch gut Abstand halten und als wir dann die kurze Hauptrunde verlassen hatten, verlief es sich doch recht schnell. Größte Besonderheit hier: Eine Loipe, die über einen zugeforenen See verläuft. Die mussten wir gleich zweimal fahren, auf der perfekten ebenen Eisfläche und mit Annikas frisch gewachsten Skiern konnte man hier ganz wunderbar gleiten. Da fingen dann auch wir an, etwas mehr Gas zu geben.

Zum feierlichen Abschluss dieses Mini-Winterurlaubs sind wir dann noch ein paar Kilometer weiter an den Viaredsjön gefahren, wo jemand eine Schlittschuhbahn geräumt hat. Ich war zu müde, um mich auch noch an die Langstreckenschlittschuh zu gewöhnen (eine Art lange Klappkufe ähnlich denen, die Eisschnellläufer*innen benutzen, die man allerdings mit Langlaufschuhen benutzt). Annika hat sich aber noch vom ziemlich frischen Wind ein paar Kilometer über den See blasen lassen, wo ich sie dann etwas später wieder eingesammelt habe.

Jetzt legen wir erst einmal einen Ruhetag ein, denn das saisonale Gebäck Semla, ein Hefekloß mit Marzipan- und Sahnefüllung, reicht nicht mehr, um die Energievorräte wieder aufzufüllen.

Für alle, die vielleicht nächstes Jahr im Winter nach Borås kommen, hier noch eine kleine Übersicht der Loipenangebote rund um Borås (Quelle: http://www.boras.se, klick auf das Bild für den Link)

Klicke auf das Bild, um auf eine interaktive Karte mit vielen Wanderwegen, Badestellen, Grillplätzen, Fahrradewegen usw. rund um Borås zu kommen.

Weekend on ice


Letzte Woche haben wir uns ein neues Spielzeug gegönnt: långfärdsskridskor, Langstreckenschlittschuhe. Im Vergleich zu normalen Eishockey- oder Eiskunstlaufschuhen ist die Kufe wesentlich länger und gerade geschliffen, was enge Kurven nahezu unmöglich macht, aber dafür ist man auf dem Eis umso schneller unterwegs. Auf der Kufe sitzt die gleiche Bindung wie auf Langlaufskiern und logischerweise trägt man daher Langlaufschuhe. Ebenfalls zur Grundausstattung gehören isdubbar, ein Paar Eisdorne mit Schnur, die man griffbereit um den Hals trägt (so ähnlich wie Schraubenzieher, aber vorne sehr spitz). Sollte man tatsächlich mal ins Eis einbrechen, dann hackt man mit den isdubbar ins Eis und zieht sich bäuchlings aus dem Eisloch. So jedenfalls die Theorie, glücklicherweise musste ich es noch nie ausprobieren.

Bäuchlings auf dem Eis rumkriechen, das machen wir nur freiwillig für kleine Videospielereien…

Da wir jetzt seit über einer Woche zweistellige Minusgrade haben, sind alle Seen zugefroren und da es nicht viel geschneit hat, sind die Bedingungen nahezu optimal für lange Touren auf dem Eis. Seit Freitag nachmittag war ich quasi jede freie Minute auf dem Eis und mein Muskelkater jetzt am Sonntagabend ist nicht unbeträchtlich. Ebenso wie mein Sonnenbrand im Gesicht.

Gestern war ich mit Jonas hier unterwegs:

Das Wetter war leider nur mäßig, leichter Schneefall, dafür mollig warme -6°C. (Am Freitagmorgen hatten wir -14,5°C, als ich da vom Auto in die Schule ging, fühlte es sich an, als würde der Rotz in der Nase gefrieren…)

So richtig viel Erfahrung haben wir ja noch nicht im Beurteilen der Eisdicke, aber wenn alte Männer mit Angeln mitten auf dem See sitzen, ist das ein gutes Zeichen. Eisangeln heißt auf Schwedisch übrigens pimpelfiske. Ja, PIMPELFISKE! Die Herren Pimpelfischer haben immer einen Eisbohrer dabei und sind eine gute Anlaufstelle, wenn man wissen will wie dick das Eis ist – hier gestern um die 15 cm. Außerdem freuen sie sich meist, wenn sie einem Tipps geben können, wo das Eis eventuell brüchig sein könnte.

Bildschirmfoto 2016-01-17 um 21.43.38Heute, am Sonntag musste der arme Jonas ganzen Tag arbeiten (Probentag mit seinem Streichorchester), während ich mich mit einem Kollegen zum Eislaufen traf.

Unser Haussee ist jetzt nahezu komplett zugefroren und mein Kollege stammt aus Mittelschweden und ist daher schon mit Schlittschuhen an den Füßen auf die Welt gekommen (oder waren es Langlaufskier?) und etwas erfahrener im Beurteilen des Eises. Ich hätte mich sonst nie über die dunklen Eisrisse getraut…

 

Wenn das Eis so wie jetzt noch relativ jung ist und es windstill war, dann gleitet man mit den Schlittschuhen fast lautlos dahin, während das vielbefahrene, ältere Eis in Ufernähe sich jetzt nach fast zwei Wochen im Vergleich beinahe anfühlt wie Rollschuhe auf Kopfsteinplaster.

Direkt an unserem Vogelturm mündet der Viskan in den See und dort ist auch jetzt der See noch offen und daher muss man dort einen großen Bogen schlagen. Aber auch weiter draußen im See verursacht die Strömung noch Risse im Eis, die dann wieder zufrieren oder es entsteht eine Plattenverschiebung, die aussieht wie Bilder aus dem Erdkundebuch: „Wie die Alpen entstanden sind.“

Als die Sonne gegen vier hinter den Bergen verschwand, wurde es schnell deutlich kälter – oder ich war nach vier Stunden auf dem Eis einfach durchgefroren – dennoch wollte ich noch schnell zu Fuß zum Vogelturm, weil ich neugierig war, wie weit die Wasserrinne an der Viskanmündung in den See hineinreicht. Weit ist es nicht mehr, auch der Fluss ist fast zugefroren.