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15. Dezember: Nej, se det snöar!


So richtig viel Schnee hatte ich dieses Jahr bisher nur in Norwegen. Im Moment hat es hier zwar Minusgrade und es liegt eine leichte Schicht Puderzucker, aber da darf gerne noch mehr kommen.

Ein klassisches Winterlied ohne Weihnachtsbezug ist Nej, se det snöar! Ganz schlicht und einfach, 16 Takte, 3 Akkorde, nichts Besonderes.

Aber was passiert, wenn man auf der größten Konzertorgel Schwedens und nach eigenen Angaben der modernsten Orgel der Welt über das Thema improvisiert? Seht selbst…

Orgel Acusticum in Piteå:
erbaut 2006-2012 durch die Orgelbauwerkstatt Gerald Woehl (Marburg)
10m breit und 9,5m hoch
9000 Pfeifen verteilt auf 206 Register und 13 Effektregister
Kosten: ca. 25 Millionen Kronen

Auf http://www.dlaplay.se kann man übrigens Konzerte aus Schwedens modernstem Konzertsaal live oder im Archiv ansehen, z.B. das Einweihungskonzert der Orgel.

18. Dezember 2011 – Det är en ros utsprungen


Stille Nacht ist vielleicht das international bekannteste deutsche Weihnachstslied, aber es ist keinesfalls das einzige, das in aller Welt gesungen wird. Auch Es ist ein Ros entsprungen ist in viele Sprachen übersetzt worden und bis heute sehr populär. Hieran hat wohl nicht zuletzt der Komponist Michael Praetorius (1571–1621) seinen Anteil, der das erstmals 1599 erschienene Lied in einer bis heute beliebten Fassung für Chor gesetzt hat. Der schwedische Text Det är en ros utsprungen geht auf Thekla Knös zurück, eine schwedische Dichterin, die anscheinend vor allem für diese Liedübersetzung heute noch bekannt ist.

Neben der berühmten Praetorius-Version finden sich noch einige andere Bearbeitungen der Melodie. Ungefähr zeitgleich zu Praetorius schrieb der Weimarer Kantor Melchior Vulpius einen Kanon auf Grundlage der Melodie, von Johannes Brahms stammt ein Choravorspiel für Orgel (op. 122 Nr. 8) und in Hugo Distlers Oratorium Die Weihnachtsgeschichte von 1933 erscheint das Lied in sechs unterschiedlichen Arrangements.

Eine der neuesten Bearbeitungen hat der schwedische Komponist Jan Sandström (*1954) verfasst – der übrigens an der Musikhochschule in Piteå unterrichtet. Sandström übernimmt den Chorsatz von Michael Praetorius und umgibt ihn mit einen harmonischen Teppich, der von einem zweiten Chor gesungen wird.

Det är en ros utsprungen
Av Jesse rot och stam.
Av fädren ren besjungen,
Den står i tiden fram,
En blomma skär och blid,
Mitt i den kalla vinter,
I midnatts mörka tid.

Doch lieber nach Tschechien? Oder in die Slowakei?


Meine Bewerbung beim DAAD hat doch noch Früchte getragen: Über das Nachrückverfahren wurden mir jetzt zwei Stellen als Sprachassistentin angeboten. Und zwar entweder in České Budějovice (Budweis in Südtschechien) oder in Košice (Kaschau, Ostslowakei). Klingt beides spannend, aber – mann, bin ich unflexibel – liegt leider in der falschen Himmelsrichtung. Und ach leider, mein Tschechisch ist ziemlich eingerostet und Slowakisch war in der Schule nie meine Stärke…

Spannenderweise ist das Sprechen der jeweiligen Landessprache für die Sprachassistenzen tatsächlich keine formale Voraussetzung, sondern allenfalls „vorteilhaft“, so der Ausschreibungstext des DAAD. Vor Ort arbeitet man ja hauptsächlich mit Studierenden, die deutsche Sprach-, Literatur- oder Kulturwissenschaft studieren. Aber trotzdem möchte ich nicht in einem Land leben, dessen Sprache ich so überhaupt nicht beherrsche, auch wenn ich dort einen Job hätte.

Apropos Job: kürzlich bekam ich eine positive Antwort auf eine Bewerbung, die ich im September an eine Schule in Luleå (etwa eine Dreiviertelstunde von Piteå) geschickt hatte. Damals wurde die Stelle zwar anderweitig vergeben, aber jetzt ist an dieser Schule wieder eine Stelle frei. Ironie des Schicksals: diese Mail kam just einen Tag, nachdem Jonas die Absagen aus Piteå und Stockholm bekommen hatte und Göteborg als Ziel endlich feststand. Nichtsdestotrotz ermutigt mich eine solche Zusage, selbst wenn sie buchstäblich „zur falschen Zeit am falschen Ort“ kam.

Destination: Göteborg


Das lange (ewige?) Warten hat ein Ende. Heute war der Stichtag, heute kamen die Antworten der Musikhochschulen in Piteå und Stockholm. Und mit diesen wurde uns die große Entscheidung unseres neuen Wohnorts abgenommen: Ich habe zwei Absagen bekommen, leider gibt es für mich weder in Piteå noch in Stockholm keinen Studienplatz. Vor einigen Monaten wäre ich wahrscheinlich ziemlich enttäuscht gewesen, dass wir nicht in den (ganz) hohen Norden können, die letzten Wochen haben aber meine Meinung darüber geändert. Vielleicht ist es der Frühling oder die Tatsache, dass ich in Göteborg wahrscheinlich besser in der schwedischen (Komponisten-)Szene Fuß fassen kann oder aber auch der Gedanke, dass der Umzug einfacher und billiger wird, auf jeden Fall erscheint mir Göteborg mittlerweile sehr attraktiv.

Im Hafen von Göteborg

Annika hat mich daran erinnert, dass mir bei meinem Vorstellungsgespräch im letzten Sommer das Auswahlverfahren erklärt wurde: Ich musste dort nicht nur mit anderen Komponisten, sondern mit Bewerbern aller Studienfächer um insgesamt gerade einmal 25 Master-Plätze kämpfen. Wenn ich darüber nachdenke, dass an den anderen Hochschulen das Auswahlverfahren wohl ähnlich abgelaufen ist, bin ich gleich doppelt glücklich, dass es in Göteborg geklappt hat.

Aus aktuellem Anlass habe ich auch noch auf der Webseite der Hochschule in Göteborg herumgesucht und mir noch einmal den Studiengang und die Professoren angesehen. Die Infos sind zwar etwas dürftig, vor allem was den genauen Studienablauf angeht, in den nächsten Tagen werde ich daher direkt Kontakt aufnehmen, um konkretere Auskünfte zu bekommen. Was ich bisher herausgefunden habe, klingt aber sehr spannend: Es gibt zwar nur wenige Kompositionstudenten an der Hochschule, diese stehen aber sehr in der öffentlichen Präsentation der Hochschule. Außerdem scheint man als Student gleich mehrere Hauptfachlehrer zu haben. Das klingt alles sehr spannend.

19-Stunden-Schreck


Gestern kam unerwartet eine E-Mail von studera.nu. Wer jemals mit einer Ausbildung an einer schwedischen Hochschule zu tun hatte, hat oder haben wird, wird dieser Seite begegnen. Hier werden alle Bewerbungen um Studiengänge, Anmeldungen zu Hochschulkursen und Seminaren sowie fristående kurser – Universitätskurse, für die man nicht „ordentlich“ immatrikuliert sein muss – erledigt und verwaltet. Hier musste ich zum Beispiel meine allgemeinen Anmeldeunterlagen wie Zeugnisse und ECTS-Nachweise hinschicken, woraufhin diese auf meine allmänt behörighet (allgemeine Studienberechtigung) geprüft wurden.

Die Mail, die gestern reinflatterte, war mehr als einen Monat zu früh, denn eigentlich haben mir alle Hochschulen gesagt, dass meine Ergebnisse erst Ende April/Anfang Mai kommen werden. Jetzt sollte aber das Ergebnis von Piteå schon online stehen. Dann kam der Schreck, meine Bewerbung hatte nämlich den Status deleted, was entweder bedeutet, dass ich die Aufnahmeprüfung nicht bestanden habe oder aber meine eingereichten Unterlagen nicht vollständig sind. Welche dieser Optionen zutraf, stand dort aber nicht. Die einzige weitergehende Information war, dass ich mich bei Fragen an die Musikhochschule in Piteå wenden solle. Leider war es aber schon Abend, ich konnte weder jemanden bei studera.nu noch an der Musikhochschule erreichen.

Heute morgen habe ich mich dann natürlich gleich ans Telefon gehängt, denn zum einen kam mir die Tatsache komisch vor, dass ich jetzt schon eine Nachricht bekommen hatte, zum anderen wollte ich aber auch unbedingt wissen, warum ich abgelehnt wurde: Wäre es wegen der Aufnahmeprüfung gewesen, hätte ich zwar damit leben müssen, aber falls es formale Probleme gab, so hätten diese auf Grund der zentralen Verwaltung ja auch meine anderen Bewerbungen gefährdet, von denen ich bisher noch keine Nachricht erhalten habe.

Als ich endlich jemanden in Piteå erreicht hatte, gab es dann zum Glück gleich die Entwarnung: Es handele sich um ein Problem, dass die Musikhochschule mit studera.nu habe. Ihre Anmeldungen würden dort nach dem Muster für internationale Studiengänge behandelt, da nur dieses Verfahren genügend Zeit für die Aufnahmeprüfung gebe. Leider bedeute das aber auch, dass die erste Auswahlrunde bereits im März stattfinde, zu dieser Zeit ist die Aufnahmeprüfung in Piteå aber noch gar nicht gelaufen, so dass meine Unterlagen natürlich unvollständig sind – es fehlt das Ergebnis der Hochschule. Die Musikhochschule in Stockholm habe sich für viel Geld extra ein eigenes Verfahren bei studera.nu dafür einrichten lassen, deshalb habe ich das Problem dort nicht.

Die Frau war sehr nett und ich glaube selber etwas genervt von der Tatsache, dass dieses Problem besteht, anscheinend auch schon länger. Sie sagte mir, dass es ihr Leid täte und dass ich die E-Mail einfach wegschmeißen solle. Die endgültigen Ergebnisse gebe es wirklich erst im Mai und ich sei noch im Rennen.

Was bisher geschah…


Da wir auf unserem Weg nach Schweden ja schon Stück zurückgelegt haben, bevor die Idee zu diesem Blog entstand, hier ein kurzer Rückblick:

Vor 2008: Wir träumen beide davon, irgendwann mal eine längere Zeit im Ausland zu verbringen.

08/2008: Jonas betritt zum ersten Mal schwedischen Boden. Aus „Ausland“ wird „Schweden“. Als frühestmöglichen realistischen Termin für einen Umzug sehen wir Jonas‘ Bachelorabschluss, also Sommer 2011.

10/2008: Wir belegen Schwedisch I an der Uni.

04/2009: Schwedisch II

08/2009: Rundreise durch Südschweden

10/2009: Schwedisch III

Jonas beginnt, Universitäten für seinen Master zu suchen. Die Hochschulen in Stockholm, Göteborg und Piteå klingen spannend und bieten passende Studiengänge in Komposition an.

09/2010: Erste Vorstellungsgespräche bei den Profs in Schweden und jeweils einwöchiger Aufenthalt in den drei Städten. Außerdem Besuch bei verschiedenen EURES-Beratern. Besonders Piteå (A) überzeugt uns in Sachen Studien- und Wohnqualität.

10/2010: Ich schicke dem DAAD meine Bewerbung für eine Stelle als Sprachassistentin ab Herbst 2011.

12/2010: Der DAAD antwortet mit einer Einladung zum Bewerbungsgespräch.

01/2011: Jonas schickt seine Bewerbungsunterlagen an die Hochschulen und studera.nu, die zentrale Seite für alle schwedischen Hochschulen, Studiengänge und Gasthörerkurse. (Wenn ich daran denke, dass die Uni Karlsruhe seinerzeit bis zu drei verschiedene Plattformen unterhalten hat, auf denen man sich zu den Seminaren anmelden musste…)

02/2011: Ich fahre zum Vorstellungsgespräch beim DAAD in Bonn. Für die drei Stellen in Schweden (Stockholm, Göteborg, Uppsala) gibt es noch 9 weitere Bewerber.

03/2011: Post vom DAAD: Ich habe zwar keine Stelle bekommen, bin aber auch noch nicht aus dem Rennen. Es gibt nämlich mehr geeignete Bewerber als Stellen. Das Warten geht also weiter…