„Wieder“ nicht im Sinne von „nach Corona“ sondern im Sinne von „nach den Sommerferien“. Acht Wochen hatten wir davon. Einen Teil davon haben wir im Wohnmobil verbracht (mit unserer Campingkatze), ein paar Tage mit Freunden zusammen gecampt, andere Freunde in Umeå besucht, sind viel durch einsame Natur gewandert, haben in einsamen Seen gebadet und gepaddelt, auf einsamen Stellplätzen gestanden, in Sommercafés mit viel Abstand Kuchen und Eis gegessen. Besonders schön war die Zeit mit zwei Gästen aus Deutschland, die sich Anfang August bei niedrigen Infektionszahlen in beiden Ländern hierher getraut haben und mit uns zusammen wandern, baden, paddeln und Kuchen essen wollten.
Wahrscheinlich hätten wir den Sommer auch ohne Corona kaum anders verbracht.
(Aufs Bild klicken zum Vergrößern und Text lesen.)
Die einzig richtige Touristenattraktion, die uns dieses Jahr zusagte: Die Museumseisenbahn in Nora.
Man fährt mit der historischen Eisenbahn von Nora…
zum historischen Bahnhof im 10 Kilometer entfernten Järle.
Dort hat man 45 Minuten Aufenthalt in historischer Umgebung, bevor es wieder zurückgeht.
Zurück in Nora MUSS man Eis essen.
Und durch das idyllische Holzstädtchen flanieren.
Wie so Vieles dieses Jahr: das Freilichtopernhaus „Opera på Skäret“ verlegt sein Programm auf 2021.
New York, Wien, Sidney,… Kopparberg!
Beim Wandern entdeckt: „Warnung vor freilaufenden Kindern, spielenden Hunden, verwirrten alten Männern und MiliTANTEN.“
Wandern macht hungrig.
Und müde.
In Höga Kusten: Finde unser Wohnmobil.
Für alle, die beim Abstandhalten auf Nummer sicher gehen wollen.
Szenenwechsel: bei unseren Freunden in Umeå.
Am Ostseestrand bei Umeå. Ja, wir haben auch gebadet. Tat gar nicht weh!
Sie überließen uns übers Wochenende ihr Haus am Meer und Jonas komponiert mit Aussicht auf die Ostsee.
Pulcinella interessiert sich mehr für Vögel als für die Bibel.
Aber am besten gefallen ihr die Meerschweinchen. (Finde die Katze!) (Spoiler: niemand kam zu Schaden)
Camping mit Katze: mehrere Spaziergänge am Tag gehören dazu.
Einer der vielen einsamen Badeplätze, die wir dieses Jahr bebadet haben.
Noch einer. Beim „morgondopp“ vor dem Frühstück hat man auch den Sprungturm ganz für sich allein.
Wenn man die Einsamkeit dann nicht mehr aushält, kann man wenigstens zusammen… whatever.
Szenenwechsel: Norberg. Hier gibt es mindestens eine ganz fantastische Konditorei. (Wir befürchten allerdings, es sind mehrere und müssen da nochmal hin.)
Außerdem gibt es dort Antiquitäten, Buchläden und „alte Sachen“….
Japp. Alte Sachen.
Norberg macht gute Laune.
Und sonst so diesen Sommer?
Konditorei. (Ich weiß nicht mehr wo, aber ich hatte das in der zweiten Reihe ganz links.)
Vor zwei Wochen hat es das letzte Mal geschneit, gestern hatten wir bei unserem jährlichem Musikschul-Großkampftag „Musikens Dag“ – Tag der Musik mit 6 Stunden Non-stop Konzert auf der Freilichtbühne – um die 28°C und wir mussten zusehen, dass uns die kleinen Bläser nicht reihenweise in der prallen Mittagssonne umkippten. Als wir abends abbauten, war das E-piano auf der Bühne gelb von Blütenstaub. Und heute entdecken wir, dass der Steg an unserem Hausbadeplatz wieder draußen ist, damit ist jetzt offiziell Sommer!
Gebadet habe ich noch nicht, dafür war einfach noch keine Zeit. Entweder ist Tag der offenen Tür in der Musikschule oder Jugendmusikfestival in Västerås oder Nationalfeiertag in Norwegen oder Projektwoche oder Konzert hier oder Pipapo dort…
Das Wetter spielt dieses Jahr echt verrückt, erst diese Woche sind die Bäume wirklich grün geworden, sonst passiert das immer um den 1. Mai herum…
Kleine Anekdote am Rande: Erstmalig haben wir dieses Jahr zu unserem jährlichen Engagement zum norwegischen Nationalfeiertag am 17. Mai nicht nur unser Jugendorchester (ab 7. Klasse) mitgenommen, sondern auch noch unser Juniororchester (4.-6. Klasse) mit schwarzer Uniform, grüner Baskenmütze und weißen Handschuhen ausgestattet und nach Norwegen mitgenommen. Für die Kleinen war es das erste Mal, sowohl in Uniform, als auch marschierend aufzutreten. Auf die Packliste hatten wir daher zusätzlich noch geschrieben, dass es sich empfiehlt, unter der Uniform – je nach Wetterlage – lange Funktionsskiunterwäsche zu tragen, weil Marschieren und Musizieren einerseits eine schweißtreibende Sache sein kann und man andererseits beim Absingen der Hymne und Redengeschwinge und Fahnengedöns schon mal eine Weile regungslos in eiskaltem norwegischem Wind rumstehen muss. Und ne dicke Jacke unter der steifen Uniformjacke, das geht auch nicht.. Hat in Norwegen auch alles wunderbar funktioniert, 12-15°C, bewölkt, etwas Wind, da war die leichte Skiunterwäsche unter der Uniform perfekt.
Nun war gestern also unser „Tag der Musik“ und wieder großes Marschorchester und Tamtam und Trara, aber diesmal morgens um 8 schon an die 20°C. Große Parade um 10 Uhr, ca. 15 Minuten Marsch auf Asphalt in der prallen Sonne, anschließend den ganzen Tag Programm auf der Freilichtbühne im Park, kaum Schatten. Und tatsächlich kam eines der Kinder aus dem Juniororchester mit kompletter langer Skiunterwäsche unter der Uniform…
Kann schonmal passieren im schwedischen Winterfrühlingssommer, dass man den Wechsel der Jahreszeiten einfach so… pardon… verschwitzt.
PS: Auf der Facebookseite meiner Musikschule gibt es ein paar Bilder und ein Video aus Norwegen: Klick.
Wie immer, wenn es hier im Blog stiller wird, liegt das entweder daran, dass in unserem Leben sehr viel oder sehr wenig passiert. Die letzten Schulwochen Anfang, Mitte Juni waren sehr intensiv, wie jedes Jahr. Dieses Jahr stand keine Orchesterreise auf dem Programm, stattdessen bekamen wir Besuch vom Kammerorchester meiner alten Musikschule, das hier zusammen mit unserem Streicherensemble gemeinsam proben und konzertieren und so die schwäbisch-schwedischen Beziehungen, die hier seit gut drei Jahren bestehen, vertiefen sollte.
Der Lieblingskollege und ich hatten – gemeinsam mit unseren Jugendlichen – neben den Proben und Konzerten für die Gäste außerdem ein recht umfangreiches Begleitprogramm organisiert: von Nyckelharpa-Workshop über Kulturwanderung über Sightseeing in Göteborg, ein vorgezogenes Mittsommerfestchen und dem obligatorischen Besuch im Vergnügungspark Liseberg war so ziemlich alles dabei, was man in fünf Tage so reinpacken kann,
Auch wenn man am Ende einer solchen Woche dann auf dem Zahnfleisch geht, weil man mehr oder weniger rund um die Uhr Reiseleiter, Konzertmanager, Ansprechpartner und Problemlöser ist, so gehören solche Events doch zu den Highlights in meinem Job – erst recht, wenn die Zusammenarbeit mit den beteiligten Kollegen so wunderbar funktioniert wie in dieser Woche. Und den Jugendlichen – schwedischen wie deutschen – hat’s super gefallen, die können den Gegenbesuch kaum erwarten. Ein großes Danke an alle, die dabei waren, auch wenns schon wieder drei Wochen her ist!
Nach dieser superintensiven Woche begannen dann offiziell auch unsere Sommerferien. Die Schüler hatten ihren letzten Schultag bereits am 10. Juni, aber die Lehrer arbeiten hier immer noch ein Paar Tage länger, auch wenn für die meisten Lehrer die letzte Arbeitswoche nur noch so locker dahinplätschert mit Abschlusskonferenzen, Schreibtisch aufräumen etc.
Es fiel mir dieses Jahr ziemlich schwer, von Arbeitsmodus auf Ferienmodus umzuschalten, sodass ich die ersten Ferientage aus Gewohnheit weiter in meine Musikschule gegangen bin, um wie ein Junkie langsam die Dosis zu reduzieren und so die schlimmsten Entzugserscheinungen zu vermeiden. Arbetsnarkomani nennt das der Schwede.
Mittsommer war dieses Jahr eines der wärmsten und trockensten, die wir bisher erlebt haben. Nachdem wir die letzten drei Jahre immer beim Lieblingskollegen zuhause eingeladen waren, haben wir dieses Jahr einen weiteren Schritt in Richtung Schwedifizierung gemacht und unsere Freunde zu uns nach Hause eingeladen. Mit eingelegtem Hering und Schnaps und allem Pipapo. Und nicht ein einziges Foto habe ich dieses Jahr an Mittsommer gemacht, so normal hat sich das alles angefühlt…
Nach Mittsommer kam dann erstmal lieber Besuch aus Deutschland, (kein Orchester, „nur“ Freunde), und dann war das Wetter zu blöd zum Wegfahren, sodass wir lieber weitermachen wollten, Türen und Wände zu streichen, um so Stück für Stück den dunkelbraunen 60er-Jahre-Charme Muff aus unserem Haus zu vertreiben. Seit Februar, als wir das Haus gekauft haben, haben wir bereits fünf Zimmer renoviert, aber fertig sind wir noch lange nicht. Die nächsten Projekte sind bereits bestellt: alle Fenster und die Haustür tauschen, aber das lassen wir Profis machen.
Natürlich hätte man aus all diesen Renovierungsarbeiten einen wunderschönen Vorher-Nachher-Blog machen können, mit unendlich vielen Bildern von hässlichen Abwasserrohren und wunderschön hellen, frisch gekachelten oder gestrichenen Räumen, aber ganz ehrlich: das hier ist kein Bastel- und Heimwerkerblog und nach fünf Monaten Baustelle an wechselnden Stellen im Haus isses auch gar nicht mehr soooo cool. Also doch, jede dunkelbraune/dunkelgrüne/beige Wand weniger ist schon sehr cool, aber nicht jeder vermalte Eimer Farbe verdient einen enthusiastisch bebilderten Platz in unserem Blog.
Vor wenigen Tagen haben wir dann aber unsere aktuellstes Projekt abgeschlossen und machen uns seitdem vorsichtig mit dem Gedanken vertraut, dass wir dieses Jahr auch noch Urlaub machen wollen, also richtig Urlaub, so mit wegfahren und so, nicht nur schülerfreie Zeit zum Renovieren. Unser VW-Bus scharrt schon ganz ungeduldig mit den Füßen…
Wettertechnisch war der Sommer dieses Jahr bislang eher im Mai zu verorten und der Druck, wegzufahren daher auch nicht all zu groß – zumal wir ja dorthin gezogen sind, wo wir früher immer Urlaub gemacht haben. Nach wie vor wissen wir sehr zu schätzen, dass ein wunderbarer Badesee und ein Blaubeerwald buchstäblich vor unserer Haustür liegen. Vor fünf Jahren haben wir dafür noch über 1000 km Anfahrt von Süddeutschland in Kauf nehmen müssen, jetzt machen wir die Terrassentür auf…
Trotzdem, man muss auch mal was anderes sehen als die eigenen vier Wände, auch wenn sie gerade so schön neu gestrichen sind. Daher wird die Blogpause hier noch eine Weile andauern, wenn auch aus anderen Gründen. Denn wie ich uns kenne, wird sich die Lust, von unterwegs zu bloggen, eher in überschaubarem Rahmen halten.
Wo es hingeht? Das wissen wir selbst auch noch nicht genau. Kann sein, dass wir aus alter Gewohnheit erst mal 1000 km Richtung Norden fahren…
Nachdem wir am Dienstag und am Mittwoch noch schnell alle unsere Schulabschlussfeiern durchgezockt hatten, machten der Kollege und ich uns mit zwei aufgeregten Teenagern auf der Rückbank auf den Weg nach Oslo. Geheimtipp: Wer mal ein ganzes schwedisches Möbelhaus zum Kaffetrinken für sich allein haben will, dem empfehle ich den letzten Schultag vor den Sommerferien bei strahlendem Sonnenschein.
Nachdem wir uns einmal quer durch den Osloer Feierabendverkehr und gefühlte 500 Baustellen gekämpft und seinen Sohn und dessen Freund vor der Telenor-Arena mit den Foo Fighters abgesetzt hatten, machten wir uns direkt auf den Weg zum Holmenkollen, der großen Skisprungschanze etwas außerhalb von Oslo. Vom Stadtzentrum fährt eine Tunnelbane direkt zum Holmenkollen, wobei die U-Bahn genau drei Stationen lang unterirdisch fuhr und sich dann in eine Bergbahn verwandelte, die sich durchaus mit Schweizer Alpenpanoramen messen kann. Nur mit Meerblick.
Wäre ich allein gewesen, hätte ich vermutlich die ganze Fahrt durch fotografiert, aber man will ja nicht asozial sein…
Kurz bevor die Skisprungschanze zumachte, kamen wir dort an und durften noch zehn Minuten die Aussicht vom höchsten Punkt der Schanze Oslos genießen:
(Zum Vergrößern aufs Bild klicken.)
Holmenkollbakken
Hier mit Skiern runter?
Blick von der Sprungschanze auf Oslo
Erfreulicherweise war es aber nur der eigentliche Sprungturm, der um acht Uhr schloss, die restliche Anlage war weiterhin zugänglich. Der Landebereich unterhalb des Schanzentisches war nämlich mindestens ebenso beeindruckend, ebenso wie die Unmenge an Biathleten auf Rollskiern und Mountainbikern, die sich in den Sportanlagen rund um den Turm tummelten:
Für diese Aussicht könnte ich glatt Skispringer werden
Das Besteigen der Zuschauerränge stellt bereits eine sportliche Herausforderung dar.
Muskelkater vom Treppensteigen, anyone?!
Ungefähr diesen Blick hat der Skispringer direkt nach dem Absprung.
Blick vom Schanzentisch nach oben
Biathleten im Sommertraining
Nach der langen Fahrt war uns nach etwas Bewegung und so gingen wir drei Haltestellen weit den Berg hinab durch Osloer Edelwohngebiete. Keine Bilder hiervon, ich war ja nicht allein. Aber natürlich spekulierten wir, welchen Beruf man haben muss, um sich in dieser Lage eine Villa leisten zu können… Schmieriger Politiker? Hart arbeitender Zuhälter? Erfolgreicher Skispringer? Der Kollege befand jedenfalls nur lakonisch, dass schwedische Gärten besser gepflegt seien…
Wieder in der Innenstadt angekommen, kamen wir genau rechtzeitig, um den Sonnenuntergang vom Dach des Opernhauses zu erleben, das wie ein Eisberg aus weißem Marmor direkt am Fjord liegt. Gegen viertel nach zehn verschwand die Sonne hinter dem Holmenkollen, aber dunkel würde es in dieser Nacht ohnehin nicht mehr werden.
Opernhaus in Oslo im Abendlicht
Viel Glas.
Viel Marmor.
Bühnenturm aus gehämmertem Alumnium
Über den Dächern von Oslo.
Auf dem Dach des Opernhauses.
Opernhaus am Fjord.
Bühnenturm
Ein beliebter Treffpunkt.
Auf Karl Johan, der Paradestraße zum Schloss, tummelten sich zur fortgeschrittenen Stunde die Menschenmassen in Straßencafés, Straßenkünstler unterhielten an jeder Ecke und es hätte genauso gut vier Uhr nachmittags statt elf Uhr abends sein können. (Ich glaube, ich habe mich inzwischen sehr an unser Kleinstadtleben gewöhnt, denn wenn ich mal kurz nachdenke, war es an lauen Sommerabenden in Karlsruhe nicht anders… oder doch – dunkel.)
Gegen Mitternacht holten wir dann die Jungs von der Telenor-Arena ab und während es auf der Rückbank leise zu schnarchen begann, noch bevor wir Oslo verlassen hatten, hielten wir uns gegenseitig am Steuer wach. Ab zwei Uhr wurde es wieder richtig hell und als wir gegen halb fünf morgens wieder an unserer Schule vorbeifuhren, wäre ich beinahe routinemäßig auf den Schulparkplatz gefahren, gefühlt war es mitten am Tag.
Mit Blick auf unsere Orchesterreise nach Süddeutschland, die wir am morgigen Freitag antreten, haben wir uns dann doch noch für ein paar Stunden Schlaf entschieden.
Ich will nicht sagen, dass unser Urlaub dieses Jahr ereignislos verlaufen wäre, aber es sind dieses Jahr weniger Fotos entstanden, die einen aktiven Urlaub dokumentieren würden.
Die ersten 10 Tage verbrachten wir fast vor unserer Haustür: am Vättern, Schwedens zweitgrößtem See. Wir hangelten uns am Westufer von Jönköping über Hjo und Karlsborg bis nach Askersund, immer von einem Badplatz zum nächsten; 150 km in fünf Tagen, das gute Wetter verhinderte längere Autofahrten. In Hjo hatte der See gerademal 14 Grad, das ist schon an der Schmerzgrenze für untrainierte Badelustige und stand gleichzeitig in krassem Gegensatz zu den schwülwarmen Lufttemperaturen, die verhinderten, dass ich bei unserem Stadtbummel durch Hjo, einem wirklich sehr hübschen Holzstädtchen auch nur ein einziges Foto gemacht hätte (aber es ist wirklich wie aus dem Bilderbuch!). Mehr zu Dokumentationszwecken entstand dieses Bild mit Blick nach Osten und den aufziehenden Gewitterwolken.
Camperidyll bei aufziehendem Gewitter
In Karlsborg trotteten wir aus kulturellem Pflichtgefühl (man kann ja nicht nur baden und Eis essen) durch die alte Festungsanlage. Karlsborg nennt sich „Schwedens Reservehauptstadt“, denn im Falle eines feindlichen Angriffs über die Ostsee wären die königliche Familie und das Parlament früher hierher verlegt worden.
Fliegerdenkmal in KarlsborgReservewohnsitz der könliglichen Familie (heute in Privatbesitz)
Doch auch an diesem Tag überwog bald das Bedürfnis nach Abkühlung und der nächste Badplatz war schnell gefunden.
Nicht am Vättern, dafür mit Sprungturm und 6 Grad wärmer
An der Nordspitze verändert der 135 km lange und rund 30 km breite Vättern sein Gesicht und verwandelt sich in eine liebliche Schärenlandschaft mit vielen kleinen Inselchen. Askersund ist offensichtlich ein beliebtes Ziel für Segler und der Badplatz auf der vorgelagerten Insel, die man über den 200 Meter langen Bootssteg erreicht, ist vom feinsten. Vor allem morgens, wenn man noch ganz alleine dort ist.
Hafen von AskersundBlick auf Askersund
Aber auch das Städtchen selbst ist sehenswert, wenn man bunte Holzhäuser mag.
Eigentlich sind wir ja im Urlaub und daher wie immer um diese Zeit auch internetlos, aber heute machen wir mal kurz eine Ausnahme – um übers Wetter zu reden.
Ich habs ja immer gesagt, als wir noch in den Tropen in Karlsruhe gewohnt haben: Temperaturen über 25°C sind ungesund und beeinträchtigen nennenswert das Wohlbefinden, jedenfalls meines (in Karlsruhe zwischen April und September eher die Regel als die Ausnahme). Der schwedische Wetterdienst SMHI teilt meine Auffassung bezüglich hoher Temperaturen offenbar und hat Wetterwarnungen der Klassen 1 und 2 auf der dreistufigen Skala für Mittelschweden und Teile von Nordschweden wegen „extrem hohen Temperaturen“ ausgegeben. Klasse 2 beinhaltet u.a. „Gefahr für die Allgemeinheit“ und „große Störungen in wichtigen Gesellschaftsfunktionen“ wenn das Thermometer an der 30°C-Grenze knabbert.
Je lauter das Leben, desto leiser ist es hier auf Brevlåda. Vor allem jobmäßig ging es bei uns beiden die letzten Wochen heiß her, denn die in Schweden kurze Zeit zwischen Frühlingsbeginn und Sommerferien will gut genutzt sein: mit Tagen der offenen Türen, Freilichtkonzerten, Orchesterreisen, Sommerfesten und Schulabschlussfeiern. Ja, Schulabschlussfeiern, denn für die Schulkinder beginnen bereits in ganz Schweden Mitte Juni die Sommerferien. Und da Jonas und ich zwar den gleichen Job, aber unterschiedliche Arbeitsstellen haben, multiplizieren sich die Wochenendaktivitäten in unseren Musikschulen, sodass gemeinsame Wochenenden bei uns gerade Mangelware sind. Aber es ist eine schöne Arbeit, und eigentlich können wir uns nicht beschweren.
Wie zur Weihnachtszeit gibt es hier für den Sommer eine Reihe von Liedern, die hier jedes Kind jedes Jahr spielen oder singen will. Eines davon ist „Den blomstertid nu kommer“ (ungefähr: Jetzt kommt die Zeit der Blumen). Die Real Group singt das auch nur halb so schwülstig wie die Schulchöre bei den Abschlussfeiern:
Passend dazu sitze ich, während ich diese Zeilen schreibe, auf der Terrasse und gucke zufrieden auf den frisch gemähten Rasen und das einzige, was ich höre (neben der Real Group also), ist Vogelgezwitscher und Insektengebrumm. Der Garten ist gerade unsere liebste Baustelle, wenn wir mal am Wochenende zuhause sind.
[Wer sich nicht für Gartenarbeit interessiert, braucht jetzt nicht mehr weiterlesen.]
Als wir hier einzogen, war der Garten ein Sturzacker und wir mussten im letzten Jahr erst mal Rasen säen. Wobei wir tatsächlich nur den Rasen säen mussten, denn die ganze Vorarbeit dazu, wie z.B. Steine aus der Erde buddeln und den Boden vorbereiten, erledigte unser Vermieter für uns.
Frühjahr 2013: Unser Nachbar/Vermieter fährt…
seinen halben Fuhrparkt auf…
um unseren Garten anzulegen.
Im Herbst halfen uns dann unsere Eltern, ein wenig Leben in den Garten zu bringen und so waren wir dieses Jahr sehr gespannt, was sich da im Frühling alles – geplant oder unerwartet – aus der Erde schieben würde. Kommt doch mal mit auf einen kleinen Spaziergang durch unseren Garten…
Ungefähr mit den Krokussen kam die Schachblume: selten, giftig und hübsch und ganz ohne unser Zutun. Ebenfalls von alleine tauchten die letzten zwei Wochen an verschiedenen Ecken im Garten diese rosa Blümchen auf, die hier ganz ausgezeichnet mit der rostigen Fahnenstange harmonieren, findet ihr nicht? Ich glaube, das ist Storchenschnabel. Neu ist auch die Forsythie, deren Blüte wir dieses Jahr leider verpasst haben, weil sie da noch in einem holländischen Gewächshaus stand.
Schachblume
Links die gerade verblühte Forsythie…
Und der Storchenschnabel
in verschiedenen Färbungen.
Forsythiengelb kommt auch gerade Jonas‘ Liebkind, der Ginster, der jetzt auf dem Weg ist, richtig toll vor unserer Frühstücksterrasse zu blühen. Uneingeladen, aber höchst willkommen ist das kleine Erdbeerpflänzchen, dass da ebenfalls vor der Terrasse blüht. Was können wir tun, damit sich das da wohlfühlt und ausbreitet?
Ginster vor der „Morgenterrasse“
Und eine wilde Erdbeere.
Zur Gartenverschönerung dieses Jahr erheblich beigetragen hat ein zwei Meter hoher Lattenzaun, den unser Vermieter zwischen sein und unser Grundstück gesetzt hat. Nun sind wir ja eigentlich keine Menschen, die sich unbedingt einzäunen müssen, aber unser Nachbar handelt mit gebrauchten Baggern und die Aussicht auf die ganzen Baumaschinen war nur so mäßig schön. Daher sind wir eigentlich ganz froh über den Zaun, zumal er im Moment noch ganz wunderbar nach frischem Holz duftet. Auf lange Sicht soll der gut 40 Meter lange Zaun aber hinter Sonnenblumen, wildem Wein und Clematis verschwinden. Der Anfang ist gemacht…
Clematis, vor 6 Wochen gesetzt.
Durch unsere Rodungsaktion vor einigen Wochen haben wir jetzt zwar viel mehr Licht, aber leider auch ungetrübte Aussicht auf die Straße, wenn wir in der Sonne frühstücken. Deswegen haben wir kürzlich eine Apfelbeerenhecke angelegt, die im Moment noch kaum höher als ein handelsüblicher Löwenzahn steht, aber angeblich schnellwachsend sein soll, warten wirs ab…
Eine zukünftige Hecke vor unserer Einfahrt, im Hintergrund die Straße
Gehen wir mal auf die andere Seite vom Haus.
Zum Mähen dürfen wir Nachbars Aufsitzmäher leihen.
Die beiden Obstbäume, die wir im Herbst zum Einzug geschenkt bekommen haben, haben den Winter gut überlebt und ein Ast, den wir vergessen hatten zu beschneiden, hat auch sehr schön geblüht. Vielleicht wächst da ja im Herbst eine Birne…
Gesellschaft haben die beiden Bäumchen vor kurzem durch eine Wäschespinne bekommen und jetzt haben wir sozusagen einen richtigen „Nutzgarten“.
Birne und Pflaume, im letzten Herbst gepflanzt, vor der Abendterrasse.
Zusammen mit den Obstbäumen haben wir im Herbst auch noch zwei Flieder und einen Rhododendron gepflanzt. Beiden Fliedern gehts prächtig, einzig der Rhododendron sieht ein bisschen kümmerlich aus, die immergrünen Blätter sind verdächtig gelb. Vielleicht ist es ihm zu sonnig, seitdem wir die Bäume nach Süden gefällt haben? Tipps zur Rhododendronrettung sind willkommen!
Hummel vs. Flieder
Rhododendron
Auch heute morgen war ich schon fleißig und habe zwei Drahtgestelle für Kompost hinten am Bahndamm aufgestellt. Noch halten sich die Gartenabfälle zwar in Grenzen, aber was nicht ist, kann ja noch werden.
Kompostecke
Getreu dem Titel dieses Artikels ist die „Schmuddelecke“ unseres Gartens gerade ein Blumenmeer von Vergissmeinnicht und auch die Lupinen geben sich alle Mühe, bis Mittsommer ihre volle Pracht zu entfalten. Und wenn die Heidelbeeren nachher so tragen, wie sie gerade blühen, dann kriegen alle Besucher hier bis Weihnachten nur noch Blaubeerpfannkuchen!
Vergissmeinnicht
Zukünftiger Heidelbeerpfannkuchen?
Die Schmuddelecke, zur Zeit gar nicht so schmuddelig.
Apropos Pfannkuchen, ich muss jetzt auch Schluss machen, denn ich hab heute noch was vor:
Ein ungewöhnlich langer und sonniger Sommer neigt sich dem Ende zu und heute ist der erste richtig einheitsgraue Regentag seit… keine Ahnung. Ewigkeiten. Endlich wieder Zeit und Muße für die Pflege von Brevlåda, unserem virtuellen Briefkasten!
Seit wir Ende Dezember hier eingezogen sind, ärgern wir uns über unseren Briefkasten. Also nicht über Brevlåda, sondern über unseren Briefkasten fürs real life. Er ist nämlich furchtbar hässlich, aus schwarzem, geriffeltem Blech. Das erste Namensschild wollte nicht daran kleben bleiben, das zweite, das wir mit Paketklebeband und Klarsichthülle bombenfest daran befestigten, hielt zwar deutlich länger, aber es verschimmelte irgendwann in seiner Klarsichthülle und das dritte, ein wasserfestes und klebestarkes Dymo-Label, war nach zwei Wochen ausgeblichen. Beinahe hätte Jonas deshalb kein Geburtstagsgeschenk bekommen, weil der Paketdienst, der Pakete standardmäßig bei der nächsten Tankstelle abliefert und dann Benachrichtigungskärtchen einschmeißt, unseren Briefkasten nicht mehr als solchen identifizieren konnte.
Das größte Problem mit dem Kasten war allerdings, dass er undicht war und gerade Zeitungen und Urlaubspostkarten werden nicht schöner, wenn sie einen halben Tag lang gewässert werden.
Dass ein neuer Briefkasten her musste, war uns daher schon seit Monaten klar und einen neuen Briefkasten aufzustellen ist ja auch kein Hexenwerk. Bekanntermaßen waren dieses Jahr der Frühling und der Sommer in Schweden aber so sonnig und trocken, dass die Punkte Gedanken über einen neuen Briefkasten machen – Briefkasten kaufen – Briefkasten aufstellen auf unserer To-Do-Liste getrost immer wieder nach unten verschoben werden konnten, weil die Post ja nie nass wurde.
Zuletzt war dann aber auch noch der Holzpfahl völlig morsch, sodass unsere Nachbarkatze, die sich bei Sonnenschein – und davon hatten wir, erwähnte ich es schon?, viel – auf dem schwarzen Blechkasten sehr wohl fühlt, die ganze Konstruktion regelmäßig umschmiss, was weder unserer Post besonders gut tat, noch den Briefträger sonderlich erbaute, zumal wir ihn jedesmal nur nur notdürftig wieder ungespitzt in den Boden rammten (also den Briefkasten). So fanden wir vor ein paar Tagen diese freundliche Karte in unserem Briefkasten:
Dein Briefkasten – mein Arbeitsplatz
Jeden Tag werfe ich Post in mehrere Hundert Briefkästen. Manchmal ist es jedoch schwierig, an diese heranzukommen. Sich dauernd strecken zu müssen, kann zu Rücken- und Gelenkproblemen führen.
Du kannst mir helfen, indem du kein Auto, keine Mülltonne oder etwas anderes vor den Briefkasten stellst, und außerdem Deinen Briefkasten folgendermaßen aufstellst:
an der Grundstücksgrenze mit der Öffnung zur Straße
die Öffnung ca. 100 cm über dem Boden
deutliche Kennzeichnung an der Vorderseite mit Straße, Hausnummer und gerne auch dem Namen
Hast Du Fragen oder Anmerkungen, melde Dich gerne bei unserem Kundendienst.
Danke, dass du mein Arbeitsumfeld verbesserst!
Mit freundlichem Gruß,
Der Briefträger.
Zu dem Zeitpunkt, als wir die Karte bekamen, waren folgende Punkte auf unserer To-Do-Liste bereits abgehakt: Gedanken über einen neuen Briefkasten machen – keinen teuren Briefkasten wollen – keinen hässlichen Allerweltsbriefkasten wollen – einen schönen Biefkasten finden, aber für zu teuer befinden – diverse Flohmärkte in der Hoffnung auf einen Zufallsfund durchkämmen (vergeblich) – das Internet durchlesen – in Baumarkt Nr. 1 fahren und festellen, dass der Wunschbriefkasten vergriffen ist – in Baumarkt Nr. 2 fahren und einen unbehandelten Holzbriefkasten kaufen – in Baumarkt Nr. 2 keine geeignete Farbe in geeigneten Gebinden finden (ich wollte nur einen Briefkasten anstreichen, keinen Bauernhof mit 17 Nebengebäuden!) – im Bastelladen Pinsel, Farben und Holzlack kaufen – den Briefkasten von allen Seiten in drei verschiedenen Farben anmalen, was ungefähr 2 Wochen dauerte, weil zwischen jeder Farbschicht immer 24 Stunden Trocknungszeit erforderlich waren; macht bei drei verschiedenen Farben in jeweils drei Schichten plus zwei Lackschichten à 48 Stunden Trocknungszeit: äh… einiges – in Baumarkt Nr. 3 geeignete Holzlatten, Schrauben und Muttern zum Aufstellen kaufen – feststellen, dass wir keine ordentliche Säge haben – in Baumarkt Nr. 3 eine neue Säge kaufen – die Holzlatte unten anspitzen.
Die nette Postkarte zum Thema Arbeitsschutzmaßnahmen für Briefträger war dann nur noch der letzte Tritt in den Hintern, den wir brauchten, um den bereits fertigen Briefkasten dann auch wirklich an der Straße aufzustellen.
Wir buddelten also ein 60 cm tiefes Loch für den Holzpfahl, rammten diesen mit Hilfe einer Waschbetonplatte, die wir auf dem privaten Schuttplatz unseres Nachbarn gefunden hatten, höchst professionell in den den Boden, schaufelten das Loch wieder zu und vollführten Trampeltänze um den Pfahl. Als wir den Briefkasten am Pfahl anschrauben wollten, stellten wir fest, dass wir den Pfahl verkehrt herum eingerammt hatten und den Briefkasten nur mit der Rückseite zur Straße hätten aufhängen können, was irgendwie nicht Sinn der Sache gewesen wäre, das arbetsmiljö unseres Briefträgers zu verbessern. Weil es bereits dunkel wurde, verzichteten wir darauf, die frisch festgetrampelte Erde wieder auszubuddeln, sondern zogen nur den Pfahl aus der Erde, drehten ihn um 180° und kloppten ihn mit der Betonplatte wieder in den Boden. Nun saß er zwar deutlich lockerer und höher als beim ersten Mal, aber vermutlich immer noch stabil genug, um einen Angriff der Nachbarskatze zu überleben. Die vom Briefträger gewünschten 100 cm über dem Boden sind jetzt auch nur unwesentlich überschritten.
Dass wir beim anschließenden Versuch, den Briefkasten an der Latte festzuschrauben, feststellen mussten, dass Schrauben und Muttern nicht zueinander passten, ist letztlich nur ein kosmetisches Detail, welches die Statik der gesamten Konstruktion fast gar nichtnur ein bisschen nur bei Starkwind oder wenn der nächste IKEA-Katalog kommt, beeinträchtigen wird. Müssen wir halt nochmal schnell neue Muttern im Baumarkt kaufen, aber das ist ja kein Hexenwerk…
Ganze neun Wochen haben wir unsere Ferien mit Sonne, Eis und vielen Erlebnissen genossen. Mittlerweile wacht Schweden allerdings aus seinem Sommerschlaf wieder auf und seit Dienstag arbeiten auch wir wieder. Schüler treffen wir zwar noch nicht, aber mit vielen Konferenzen und den Vorbereitungen für das kommende Schuljahr haben wir einiges zu tun. Und da hätten wir doch beinahe ein kleines Jubiläum verpasst: Heute sind wir seit genau zwei Jahren in Schweden. Wenn das mal kein Grund zum Feiern ist! Stattdessen fallen wir jetzt allerdings ins Bett, an das frühe Aufstehen müssen wir uns erst wieder gewöhnen…