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Grillwetter!


Seit Sonntag sind wir nach einem zehntägigen Trip nach Deutschland wieder zuhause – genau richtig, um die Rysskyla, die Russenkälte zu erwarten, die uns während der Heimfahrt per SMS angekündigt wurde. So richtig schlimm kalt ist es allerdings (noch?) nicht; -10°C sind bei Sonnenschein und Windstille gut auszuhalten. Schon die letzten zwei Tage waren wir jeden Tag lange draußen und haben mit Spannung dem Eis auf unserem See beim Wachsen zugesehen, aber heute war definitiv der Höhepunkt, nicht zuletzt, weil wir den Tag mit unseren Freunden zusammen verbracht haben. Am sechsten Januar ist Trettondagen in Schweden, der dreizehnte Tag nach Weihnachten und für viele ein arbeitsfreier Tag.

Als beim Frühstück der Blick aus dem Fenster einen wolkenfreien Tag und der Blick aufs Thermometer Chancen auf frisches Eis versprach (-12°C an der „warmen“ Hauswand), waren Schlittschuhe, Isomatten und eine Thermoskanne schnell zusammengepackt und eine SMS an unsere Freunde verschickt.

Wir trafen uns an einem Badplatz ungefähr 10 km von hier, der eine seichte Bucht mit einem sehr langen Sandstrand hat. Außer uns war noch niemand dort und so war uns bei den ersten Schritten auf dem Eis etwas mulmig. Allerdings kennen wir den See und wissen, dass auch 50 m vom Ufer entfernt das Wasser nur knietief ist; schlimmstenfalls hätten wir mit nassen Hosenbeinen den Ausflug abbrechen müssen. Aber das Eis fühlte sich sehr stabil an und machte keine Geräusche, und so verflog das mulmige Gefühl schnell.

Wie immer, wenn wir Ausflüge mit unserer „Clique“ machen, hinken wir essenstechnisch etwas hinterher. Eine Banane, ein Schokoriegel und eine Flasche Wasser – meist reicht uns das, vielleicht noch ne Scheibe Brot, wenn wir was wirklich langes planen. Nicht so unsere schwedischen Freunde: die rückten heute doch gleich mit Brennholz, Würstchen, Brötchen, Ketchup und Senf und großem Picknickkorb an (und hatten natürlich auch an uns gedacht <3). Zweistellige Minusgrade sind ja auch wirklich kein Grund, nicht am See zu grillen…

Nachdem die anderen nach fast drei Stunden bei strahlendem Sonnenschein und Windstille langsam ans Heimfahren dachten, hatten Jonas und ich noch Lust, die anderen Badeplätze der Umgebung auszukundschaften und die Eislage zu checken:

Spannend waren die Eisverhältnisse an „unserem“ Badplatz: bis ungefähr 100m vom Ufer hatte das Eis weiße Frostnadeln, dahinter verlief eine scharfe Grenze und dort war das Eis blitzblank und dunkel. Das klare Eis ist noch nicht so alt, da haben wir uns auch (fast) nicht drauf gewagt.

Die letzte Station heute war „unser“ Vogelturm an der Viskanmündung. Die Aussicht über den See zeigt, dass bisher nur die Buchten zugefroren sind, aber der Wetterbericht für die nächsten Tage gibt Anlass zur Hoffnung, dass sich das noch ändern könnte…

Wasser in Hülle und Fülle


Endlich ist bei uns der Winter eingebrochen, seit über fünf Tagen herrschen nun Minusgrade und ein bisschen Schnee ist auch gefallen. Darauf haben wir jetzt aber auch lange genug gewartet, denn vorher hat es wochenlang ohne Unterbrechung geregnetgegossengeschüttet. Unser Lieblingsspazierweg ist daher zur Zeit gar nicht begehbar, er ist teilweise komplett überflutet, und auch auf den anderen Wegen muss man immer wieder in den Wald ausweichen, um keine nassen Füße zu bekommen.

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Vom Fluss Viskan, der durch unsere Haus-Naturschutzgebiete fließt, war im Sommer nur noch ein kleinen Rinnsal übrig, durch den man auch einfach hätte durchwaten können. Das sollte man jetzt besser nicht probieren.

Besonders deutlich kann man die Wassermengen auch auf dem Weg zum Vogelturm sehen, wo der Viskan in den Öresjö mündet.

Auf dem Bohlensteg zum Vogelturm konnte man auch verfolgen, wie schnell das Wasser gestiegen ist. Im Herbst war der Boden trocken, aber alleine zwischen Dreikönig und dem letzten Wochenende ist das Wasser deutlich gestiegen.

Nationaltag


Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich bei unseren Lesern aus dem regengeplagten Mitteleuropa unbeliebt mache… Wir hatten gestern mal wieder so einen Bilderbuchtag. Arbeitsfrei, weil Nationaltag und Sonne, Sonne, Sonne.

23 Grad

Flaggen und Nationalhymnen hatte ich dieses Jahr allerdings bereits ausreichend, deswegen war uns heute nicht nach irgendwelchen Großveranstaltungen, sondern nach einer kleinen Wanderung – seitdem ich meine Kamera habe, wird das irgendwie nichts mehr mit größeren Touren. Dass es da aber auch immer überall so schön blühen und summen muss…

Am Wegesrand

Inzwischen sind wir dann auch so weit, dass ich nicht mehr unerkannt mit der Kamera durchs Gras robben kann. Wie ich so auf der Jagd nach dem Motiv „Blaue Libelle an Margerite“ war, rief es plötzlich von hinten „Aah Sommerzeit… hier wachsen ja pianofröken im Gras!“ Bis ich artig die Schülereltern begrüßt hatte, die das „Klavierfräulein“ ihrer Töchter im Gras entdeckt hatten, war dann auch die Libelle weg, hmpf…

Margeriten

Aber später hab ich sie dann doch noch erwischt:

Blaue Libelle

Am Fluss entlang

Wir mussten Viskan, Ätran, Spyan und Gallan oder wie sie auch immer hießen, lernen, vier kolossale Flüsse, die das südschwedische Hochland entwässerten.

aus Mikael Niemi: Populärmusik aus Vittula

Einer dieser vier kolossalen Flüsse, der Viskan, fließt vor unserer Haustür vorbei und die seit Wochen anhaltende Trockenheit hat ihre Spuren hinterlassen – ein wenig von dem Wasser, das Deutschland gerade zu viel hat, fehlt hier:

Viskan

An der alten Mühle

Wenn man dem Flusslauf etwa zwei Kilometer aufwärts folgt, kommt man zu einer kleinen, alten Mühle, die vom örtlichen Heimatverein gepflegt wird und an Sommerwochenenden geöffnet hat.

Zur Feier des Tages spielten dort Spielmannsleute mit ihren Schlüsselfideln (schwed: Nyckelharpa). Mit dem, was in Deutschland so unter „Volksmusik“ verkauft wird, kann man mich ja jagen, aber mit schwedischem Folk – und dann noch auf traditionellen Instrumenten! – sieht das ganz anders aus.

Hinterher kamen wir noch ein wenig mit den Musikern ins Gespräch und wie es der Zufall will, brauchen sie gerade einen Tastendrücker für ihr tragbares Harmonium. Erwähnte ich schon, dass ich seit einiger Zeit auf der Suche nach einem Folkensemble bin, es aber bisher immer am Instrument scheiterte…? Wenn ich wolle, dürfe ich aber natürlich auch mit Nyckelharpa anfangen, sagte die Chefin, sie haben auch Leihinstrumente. Dann weiß ich also auch, was ich ab Herbst an Sonntagabenden machen werde…

Am und im See

Nach unserer kleinen Wanderung mussten wir uns dringend abkühlen und tauschten Kamera gegen Wasserthermometer. Wir erinnern uns: letzten Freitag waren es noch 15°C. Gestern, nur 6 Tage später, zeigte das Thermometer bereits 20°C an der Oberfläche und 18°C in Armlängentiefe. Wir waren etwa zehn Minuten im Wasser und hätten es auch noch länger ausgehalten. Nur etwa einen Monat, nachdem der Frühling und das erste Grün endlich kamen, können wir also konstatieren, dass jetzt Sommer ist. Unglaublich, wie schnell das ging…

Vårvinter in Borås


Nach einer Woche, in der wir krankheitsbedingt kaum vor die Tür getreten sind, waren wir heute endlich mal wieder länger draußen. Kürzlich hatten wir festgestellt, dass wir noch nie länger in der Innenstadt von Borås waren, sondern immer nur zielgerichtet bestimmte Läden aufgesucht haben. Das haben wir also heute nachgeholt – war auch Zeit, immerhin wohnen wir jetzt schon zweieinhalb Monate hier.

Unsere Runde startete an der Hochschule, die sich bereits mit farbenfrohen Jalousien gegen die Märzsonne zur Wehr setzen muss:

Högskolan i Borås - bunter Sonnenschutz

Wie in vielen schwedischen Städten, so dachten sich auch die Städteplaner von Borås, dass der Grundriss einer Tafel Schokolade mit großem Marktplatz in der Mitte praktisch und gut ist, aber glücklicherweise weist der Fluss Viskan, der quer durch die Stadt fließt, den Quadratismus in die Schranken. Stattdessen gibt es auch einige Häuser, die sich den Flusswindungen anpassen:

Apropos Stadtplanung: Ich weiß ja nicht, welcher Scherzkeks auf die glorreiche Idee kam, den Platz vor dem Finanzamt ausgerechnet Midasterrasse zu nennen…

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Viele Deutsche schimpfen ja immer über das schwedische Brot, das hier oft (aber bei weitem nicht immer) weich und süß, mit deutscher Disziplin gebackenes Knusperbrot dagegen selten und teuer ist. Hier der Dealer für alle Brotjunkies:

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Im Untertitel trägt Borås den Namen Skulpturstaden und tatsächlich stößt man in der Innenstadt auf Schritt und Tritt auf irgendwelche Skulpturen. Nicht nur zu Ostern, sondern ganzjährig steht dieser Geselle mit dem bekloppten Blick im Stadtpark:

"Mate Hunting" von Marianne Lindberg De Geer
Inspirationsquelle war wohl Alice im Wunderland

Das Schwedische kennt ja für die aktuelle Jahreszeit ein eigenes Wort: vårvinter – Frühlingswinter. Im Schatten liegt noch Schnee, nachts ist es noch deutlich unter null Grad (zum Teil zweistellig), aber tagsüber wärmt die Sonne bereits, von den Dächern kommt der Schnee lawinenweise runter und überall tropft und platscht es.

Der Viskan war die letzten Wochen zugefroren, aber die Märzsonne hat bereits ganze Arbeit geleistet. Es reicht aber noch, damit sich die Enten darauf sonnen können. Alle anderen Zweibeiner wählen da doch lieber das Straßencafé direkt am Fluss.

Auch wir konnten uns dem Herdentrieb an diesem sonnigen Vårvintertag nicht entziehen und ergatterten einen der letzten freien Plätze im Café, oder vielmehr: davor. Nichteinmal Heizpilze brauchte es, die Sonne reichte heute vollkommen. Da wir uns die letzten Tage überwiegend von Suppe und Salbeitee ernährt haben, war der erste Straßencafébesuch des Jahres auch aus kulinarischer Sicht eine willkommene Abwechslung und ein gelungener Abschluss unseres Stadtbummels.

Wochenend und (kein) Sonnenschein


Pünktlich zum Wochenende hat sich der Himmel dann auch wieder zugezogen, nachdem er sich die ganze Woche über wunderbar blau gehalten hatte… na toll! Hoffen wir mal, dass der schwedische Wetterdienst recht hat und dass es morgen wieder aufklart.

Dann nutze ich die Zeit jetzt halt dafür, einige Fotos vom letzten Sonntag online zu stellen, als uns die gefühlt ersten Sonnenstrahlen des Jahres nach draußen lockten. Da haben wir nämlich entdeckt, dass sich unser Vogelturm ganz ausgezeichnet zum Beobachten von Vögeln eignet – welche Überraschung – und um Menschen bei diversen Aktivitäten auf dem Eis zuzuschauen.

Sonne


Schnee ist eine tolle Sache. Noch toller ist aber natürlich Schnee bei Sonnenschein. Also hat sich Annika am Montag in ihrer Mittagspause bei schönstem Fotowetter noch einmal auf die gleiche Runde durchs Naturschutzgebiet gemacht, die ich hier neulich schon vorgestellt habe.

Vildmark


»Warum seid ihr denn nach Schweden gezogen? Deutschland ist doch so schön!«

Diese Frage habe ich nicht erst einmal hier in Schweden gehört; beim Nachbarn ist das Gras halt immer grüner. Die Schweden sind fasziniert von den Alpen und vor allem von schönen deutschen Fachwerkstädten und dabei vergessen sie gerne die schwedischen Vorteile, die sie genießen: Platz, Seen, Natur,… Selbst wenn man mitten in Göteborg oder Stockholm wohnt ist es nie weit in die vildmark (= Wildnis). Natürlich hat nicht jeder gleich das norrländische fjäll oder die riesigen Wälder vor der Tür, aber selbst die städtischen Parks und Wäldchen sind hier irgendwie wilder und laden zum Pilze sammeln und Beeren pflücken ein.

Eine solche kleine Vildmark fängt direkt hinter unserem neuen Zuhause an. Zu beiden Seite der Straße nach Borås liegt ein Naturschutzgebiet rund um den Fluss Viskan, der hier in den Öresjön mündet. Direkt nach dem Umzug haben wir schon eine kleinere Erkundungstour des Gebiets unternommen und heute wollte ich mir das ganze noch einmal durch die Kameralinse ansehen, denn es hat gestern und heute ordentlich geschneit und draußen war es den ganzen Tag wunderschön. Auch ohne Sonne.