Während in Deutschland zum Teil noch tiefster Winter herrscht und die Schneedecke nicht einmal daran denkt zu schmilzen, kann man bei uns schon Frühlingsgefühle bekommen. Überhaupt war es dieses Jahr noch überhaupt nicht richtig kalt und Schnee hatten wir vielleicht zwei Wochen lang. Diese Woche hat mehrfach die Sonne geschienen und gestern war es so warm, dass wir uns einfach auf den Vogelturm stellen und in die Sonne gucken konnten, ohne zu frieren. Dabei sind uns dann auch noch ein paar Vögel und andere schöne Motive vor die Kamera geflogen.
Da es in der Sonne so schön war, entschieden wir uns gegen einen längeren Spaziergang, denn dann geht man hauptsächlich durch schattigen Wald – oder langweilige Wohngebiete. Stattdessen zogen wir nur bis zum Badplatz weiter und setzten uns wieder in die Sonne. Zwischendurch musste ich allerdings doch testen, ob das Eis am Ufer noch trägt.
Jetzt wollen wir mal sehen, was das Wetter die nächsten Tage macht. Eigentlich ist es noch deutlich zu früh für Frühling, aber an einen späten Wintereinbruch glauben wir mittlerweile auch nicht mehr.
In der Woche vor Ostern hatten wir Osterferien, und natürlich mussten wir die Gelegnheit nutzen, um unseren VW-Bus zum zweiten Mal in diesem Jahr auf einen Kurzurlaub auszuführen. Die Wahl des Reiseziels fiel auf die Insel Öland im Südwesten Schwedens, da diese für ihr mildes Klima bekannt ist. Außerdem wollten wir sowieso schon länger mal dahin, aber im Sommer ist es dort so voll von Touristen, dass wir die Reise in den großen Ferien gescheut haben. Jetzt vor Ostern waren aber nur ein paar Vogelnerds dort, die die unglaubliche Vielfalt an durchziehenden und brütenden Vögeln beobachten.
Leider hatte ich am Samstag noch ein Konzert mit der Musikschule, so dass wir erst am Samstagabend losfahren konnten. So schafften wir es zunächst nur die halbe Strecke bis Nässjö im tiefsten Småland, wo wir für die Nacht Halt machten. Als wir dann am nächsten Tag losgefahren sind, hatten wir es noch nicht einmal bis zurück auf die Hauptstraße geschafft, als sich der Keilriemen unseres treuen WoMos mit einem leisen, aber deutlich hörbaren *pang* verabschiedete…
ADAC angerufen, nach einer Stunde kam der Abschleppwagen, „Nein, ich kann da nichts machen, so einen Keilriemen habe ich nicht dabei.“ So wurden wir dann zur nächsten VW-Werkstatt geschleppt, wo natürlich niemand arbeitete, es war ja Sonntag.
Wir werden abgeschleppt.
Also haben wir notgedrungen den Tag in der Metropole Nässjö verbracht, die vor allem als Eisenbahnknotenpunkt bekannt ist und neben einem riesigen Bahnhof eigentlich gar nichts zu bieten hat. Zum Glück konnte dann aber unser sehr freundlicher und kompetenter Mechaniker den Keilriemen gleich Montag früh wechseln und schon um halb neun rollten wir weiter Richtung Öland.
Das erste Wahrzeichen von Öland sahen wir dann noch bevor wir auf der Insel waren. Die 1972 eröffnete Brücke über den Kalmarsund war immerhin einmal die längste Brücke Europas und bis heute ist sie mit gut sechs Kilometern die längste Brücke Schwedens.
Ölandsbron
Auf Öland bogen wir zunächst nach Süden ab. Dort ist vor Ostern noch mehr los als im touristischeren Norden, wo die meisten Sehenswürdigkeiten, Cafés und Geschäfte erst an Gründonnerstag oder Karfreitag aufmachen sollten. Der Süden hingegen ist vor allem für die ungewöhnliche Natur bekannt, und die interessiert sich zum Glück nur bedingt für Ferien und Feiertage, an denen sich das Geschäft lohnt.
Wichtigster Landschaftstyp auf Öland ist das sogenannte Alvar, eine karge Heidefläche, deren Untergrund aus nur wenigen Zentimetern Erde besteht, die auf hartem Kalkstein liegt. Hierher haben die Bauern früher ihr Vieh getrieben, heute fühlen sich vor allem Vögel wohl. Damit das Gebiet nicht übermäßig verbuscht, wird aber auch heute noch Vieh zum Weiden insbesondere auf Stora alvaret, die größte Alvarfläche Ölands, getrieben.
Stora Alvaret
An Ölands südlichstem Zipfel stößt das Alvar dann auf das Meer. Hier tummeln sich Unmengen seltener Vögel, Ziel aller nach Öland pilgender Vogelnerds. Für diese und für alle Naturinteressierte hat man aus der kleinen Häuseransammlung rund um den Leuchtturm Långe Jan ein Vogelbeobachtungs- und Informationszentrum gemacht. Die gesamte Umgebung ist wunderschön und bietet nicht nur Vögel, sondern vor allem Linie viel Ruhe und eine fantastische Weitsicht in alle Richtungen.
Der Lange Jan.
Ausblick vom Leuchtturm.
Eine Vogelbeobachtungshütte an der Südspitze Ölands,…
…von der aus man zum Beispiel Schwäne beim Nestbau beobachten kann.
Wo Alvar und Meer sich treffen.
Nicht nur an der Südspitze, überall ist das Meer gegenwärtig, wenn man auf Öland ist, denn die Insel misst an ihrer breitesten Stelle gerade einmal 16 km. Und nicht nur das Meer, sondern vor allem der unglaublich weite Himmel mit allen seinen Wolkenformationen und Farben (wenn auch das Blau dominierend war) hatte es der Fotografin an meiner Seite angetan.
Dramatischer Himmel,…
…Sonnenuntergänge,…
…verlassene Hütten oder Vögel,…
…am Meer gibt es immer etwas zu entdecken.
Noch vor Ölandsbron und Stora alvaret ist Öland wegen seiner vielen Windmühlen bekannt, von denen es einmal an die 2.000 gab. Heute sind immerhin noch gute 400 erhalten, die sorgsam gepflegt und vor dem Verfall bewahrt werden. Wo immer man in Öland hinfährt, an ein paar Mühlen kommt man immer vorbei.
Windmühle in Mörbylånga.
Ein wenig Kultur und Zivilisation stand natürlich auch auf dem Programm: Ein Bummel durch das „mondäne“ Borgholm, in dessen Nähe die königliche Familie ihren Sommerurlaub verbringt; ein Spaziergang durch Mörbylånga, wo der schwedische Maler Per Ekström gewirkt hat; ein sehr leckeres Abendessen in Sandviks kvarn, Nordeuropas größter WIndmühle; ein Besuch bei den alten Kalksteinbrüchen an der nördlichen Westküste, die eine tragende Rolle im Roman Öland von Johan Theorin spielen, den Annika während des Urlaubs gelesen hat. So richtig wohl war ihr daher beim kraxeln durch den Steinmännchenwald nicht, wer weiß, ob nicht irgendwo dort eine Leiche rumliegen würde…
Per Ekström-Statue in Mörbylånga.
Sandvik mit der Mühle im Hintergrund.
Steinmännchen im alten Steinbruch von Lofta.
Bis zur Nordspitze haben wir es dann nicht mehr geschafft, denn am Ostersonntag musste Annika im Gottesdienst Daher bleibt uns wohl nichts anderes übrig, als in naher Zukunft wieder nach Öland zurückzukehren, um auch wirklich alles gesehen zu haben. Was ein schlimmes Schicksal…
Eines der wichtigsten vårtecken – Frühlingzeichen – ist in Schweden die Ankunft der Kraniche. Besonders viele sammeln sich jedes Jahr am Hornborgasjön, etwa eine Stunde von und entfernt. Der See ist sehr flach und von ausgedehnten Sumpfgebieten umgeben, was ihn zu einem idealen Rast- und Paarungsplatz für die Kraniche macht. Das Balzgehabe, auch „Tanz der Kraniche“ genannt, ist ein beliebtes Fotomotiv, auch und gerade für professionelle Fotografen und so trifft man dort neben Kranichen auch auf jede Menge komische Vögel mit monströsen Fotoausrüstungen.
Die Nacht verbringen die Kraniche weiter draußen im See, geschützt vor Füchsen und Paparazzi, während im Dunkeln am Ufer Futter ausgebracht wird. In der Morgendämmerung kommen dann tausende von Kranichen ans Ufer zurück. Dieser tägliche Umzug ermöglicht es Ornithologen, die Kraniche einzeln zu zählen. Jeden Tag wird die aktuelle Anzahl der Kraniche auf einer Tafel vor Ort und online veröffentlicht.
Wir haben die gute Wetterprognose genutzt und am Wochenende die Wohnmobilsaison eröffnet. Und tatsächlich wurde ich am Samstagmorgen ohne Wecker gegen fünf Uhr wach. Anstatt mich wie sonst nochmal umzudrehen, habe ich mir die Kamera geschnappt und mich neben die Profis gestellt und jede Menge Kraniche bei Sonnenaufgang fotografiert. Und in der Morgen-, Mittags-, Nachmittags- und Abendsonne – beim Fressen, beim Balzen, beim Fliegen, beim Landen, einzeln und in Formation… Über 1500 Bilder sind so an diesem Wochenende entstanden und diesmal ist mir die Auswahl auf ein blogverträgliches Ausmaß wirklich schwer gefallen – erwähnte ich schon, dass ich zu Weihnachten ein neues Teleobjektiv bekommen habe?
Und plötzlich war alles anders. Freitag abend war noch alles beim Alten. Und dann kam der Samstagmorgen. Als könnte ich nicht endlich mal ausschlafen, war ich um halb acht hellwach. Und was sehen meine müden Augen? Einen riesigen Feuerball! (Danke Olaf für den Link!)
Mindestens seit Weihnachten, aber eigentlich schon seit Oktober hatten wir keinen Sonnentag mehr. Wir hatten auch nur selten Schnee und wenn doch, dann war er pappig und nach drei Tagen wieder weg. Stattdessen hatten wir Regen. Viel. Regen. Und jetzt einfach so: blauer Himmel. Also nicht: „Guck mal Jonas, heute ist es draußen hellgrau statt dunkelgrau“ sondern so richtig blau. Unfassbar.
Und wie ich noch so im Schlafanzug am Fenster stand und fasziniert den blauen Himmel anstarrte, tummelte sich in unserer Eiche das Geflügel:
Kohlmeise am Meisenknödel
Schichtwechsel
Kleiber am Meisnknödel
Wir hoffen, dass sich einer der kleinen Gesellen in unserem neuen Vogelhäuschen niederlassen möchte, mit meinem ebenfalls neuen Teleobjektiv kann man so wunderbar aus unserem Schlafzimmerfenster fotografieren…
Die drei Bilder sind aus der Hand geschossen und nochmal stark ausschnittsvergrößert, aber ich bin trotzdem ganz zufrieden mit meinen ersten Gehversuchen in Sachen Kleinvogelfotografie…
An Weiterschlafen war trotz der einigermaßen frühen Stunde nicht zu denken – wer weiß, wann das nächste Tiefdruckgebiet heranrollt. Stattdessen machten wir uns auf den Weg nach Ulricehamn, etwa eine halbe Stunde von uns entfernt. Dort gibt es ein „kallbadhus“, ein Kaltbadehaus, das wir schon länger mal ausprobieren wollten. Das ist eine Sauna, die von einem Verein in den See gebaut wurde und nach der Sauna springt man direkt in den See – auch bei Eis, denn rund um den Steg wird das Wasser durch eine Sprudelanlage eisfrei gehalten (was dieses Jahr aber nicht vonnöten war – grummel…).
Links im See: Das Kallbadet in Ulricehamn
Zum Vergleich: letztes Jahr waren wir einen ganzen Monat später in Ulricehamn und da sah der See noch so aus: Klick.
Dort angekommen, wollten wir aber erstmal durch Ulricehamn bummeln. Borås meiden wir inzwischen an Samstagen, weil einer von uns immer irgendwelche Schüler samt deren Eltern trifft und wir nicht so viel Lust auf Elterngespräche in der Fußgängerzone hatten. (Hat aber nicht geklappt, Ulricehamn ist noch zu nah.)
Ulricehamn ist ein richtiges Bilderbuchstädtchen mit vielen bunten Holzhäuschen, kleinen Künstlerlädchen und Hinterhof-Second-Hand-Läden.
Ulricehamn
Und gemütlichen Cafés. Und Günthers brödstuga.
Günther ist so deutsch wie das tysk ü in seinem Namen vermuten lässt und er hat schon Silvias und Carl Gustavs als auch Victorias und Daniels Hochzeitstorte gebacken (öööh… „backt“ man Torten?) und hat – deutsche Brotjunkies aufgepasst! – eine große Auswahl an „ordentlichem“ Brot. Nicht, dass wir uns nicht längst an gesüßtes Gummibrot gewöhnt hätten, aber ab und zu darfs dann auch mal ein Roggenvollkornbrot für den Feinschmecker sein. Oder auch eine rosa Marzipantorte zum Weltfrauentag…
Rosa Prinzesstorte zum Weltfrauentag
Frauengebäck?
Auf der Suche nach einem Lunch stießen wir auf die Pizzeria Jamaica, die heute Schnitzel med Pommes och stor stark öl im Angebot hatte. Wir entschieden uns dann doch für den Torgstallet, ein sehr gemütliches Café mit schwedischer Hausmannskost.
Pizzeria Jamaice – mit Schnitzel und Pommes!
Torgstallet
Nach einem deftigen Lunch stellten wir fest, dass uns bei Sonnenschein und zweistelligen Plusgraden der Sinn so gar nicht mehr nach Sauna stand. Stattdessen juckelten wir von der Sonne beseelt die Uferstraße entlang, einmal um den halben See herum zu einem Aussichtspunkt, wo wir stilecht mit Wollmütze und Winterjacke die Eis-am-Stil-Saison eröffneten.
Eis mit Aussicht
Aussicht über den Åsunden
Der Schwede an sich begrüßt den Frühling jedoch mit einem anderen Ritual, das uns auf der Rückfahrt auffiel: in nahezu jedem Garten brannte ein Feuer. Also nicht so ein bisschen Lagerfeuer oder zum Grillen, neenee – da werden ganze Bäume, Gartenmöbel, alte Reifen und was sich sonst noch so das Jahr über angesammelt hat, auf einen Haufen geworfen, ein bisschen Benzin dran gekippt und schon hat man das Osterfeuer Marke Eigenbau. Und aus jedem Garten steigt eine im besten Falle weiße, ansonsten auch eine gelbe, braune oder schwarze Rauchsäule auf.
»Was da heute wieder für ein Gewusel ist! Immer wieder ein lustiges Spektakel, wenn diese Menschen aus ihrem Winterschlaf erwachen.«
»Hmm, Bananen, ich liebe Bananen.«
»Na toll, immer kriegen die Nachbarn zuerst ihr Mittagessen. *schmoll*«
»Haha, wie lustig der Mensch da guckt!«
»Was glotzt du mein Essen so an?«
»Was glotzt der Tiger mein Essen so an?!«
»Keine Angst, Rettung naht! Steig auf, ich bin das schnellste Pferd der Welt! Die Katzen kriegen uns nie!«
»Wann wird sie endlich den Unterschied zwischen Araber und Shetlandpony begreifen?«
»Da staunste, ne? Was Opa so alles weiß. Sogar mit Pferden kennt er sich aus.«
»Dein Opa ist halt ein schlaues Kerlchen.«
»Psst! Wusstest du schon, dass das Gehirn vom Strauß kleiner ist als seine Augen?«
»Hej, was tuschelt ihr da?!«
»Jetzt lass ihnen doch mal den Spaß! – Mein Gott,Was die da unten für Probleme haben… «
»Hurra, es schneit!«
»Was fürn Spaßvogel…«
»Das der nicht friert! Gehören Elefanten nicht eigentlich ins Warme?«
»Also bei uns ist’s schön warm und gemütlich.«
»Und ich? Mich fragt wieder kein Schwein. Mir ist nämlich saukalt! Na ja, wenigstens kommen wir mal wieder raus, und mit ein paar Besuchern nach der Winterpause wird’s hier doch gleich ein wenig interessanter.«
»Weiß gar nicht, was ihr habt. Das Wetter ist doch Klasse!«
»Genau! Endlich wieder Eisbaden! Aber freut euch nicht zu früh über den Trubel. Nach den Ferien ist hier nämlich wieder tote Hose bis Ostern. Und so richtig los geht’s dann erst Ende April.«
»Und dann kommen wir euch ganz bestimmt wieder besuchen!!!«