Am Samstag vor dem ersten Advent ist bei uns im Ort traditionell Julstuga in der Kirche. Da wird mal eben der ganze Kirchenraum zum Adventsbasar umfunktioniert, es gibt jede Menge Stände mit Kunst- und sonstigem Handwerk und mindestens jeder zweite Stand verkauft Lose mit reellen Gewinnchancen (unsere Bilanz: 4 Lose, 3 Gewinne). Ob man jetzt gehäkelte Topflappen mit God Jul braucht, ist dabei auch irgendwie nebensächlich. Aber der vierarmige Kerzenständer ist ganz hübsch.
Außerdem gibt es Unmengen an Kuchen, Weihnachtsgebäck und risalamalta (ris à la malta = warmer Milchreis mit Zimt und Zucker) und die Pfadfinder entzünden vor der Kirche ein riesiges Lagerfeuer, über dem ein Topf mit Glögg hängt (alkoholfrei natürlich), und grillen Marshmallows im offenen Feuer.
Natürlich sitzt in einer Ecke auch ein Weihnachtsmann und nimmt handgeschriebene Wunschzettel entgegen und selbstverständlich lassen wir uns als Musikschule die Gelegenheit nicht entgehen, unsere jüngeren Orchester und Ensembles ebenfalls auflaufen zu lassen. Die Kirche und das angrenzende Gemeindehaus waren brechend voll.
Als es dann um 16 Uhr draußen dunkel wurde, sammelten sich die rund 50 Jugendlichen unseres großen Orchesters an der Kurmuschel und der ganze Marktplatz war mit Fackeln und Marschallern, tellergroßen Teelichtern, erleuchtet.
Weil mein Kollege, der das Orchester normalerweise leitet, heute anderweitig gebucht war, durfte ich ausnahmsweise dirigieren. Zwar bin ich schon ab und zu mal in der Probe als Vertretung für ihn eingesprungen, aber ich bin noch nie öffentlich als Dirigentin mit unserem Orchester aufgetreten. Heute also Premiere.
Wir hatten erfrischende -2°C, leichten Wind und gute 50 Minuten Programm. Die Pultlampen gaben nach und nach den Geist auf, weil die Batterien die Kälte nicht vertrugen. Die Flöten und Klarinetten in der ersten Reihe taten mir ernstlich leid, weil sie die ganze Zeit im Wind standen und im Gegensatz zu mir keine Handschuhe tragen konnten. Neben der obligatorischen grünen Baskenmütze trug ich unsere weißen Uniformhandschuhe – nicht nur wegen der Kälte, sondern vor allem, weil man dann die Hände im Dunklen besser sieht. Ansonsten waren wir heute wegen der Kälte in zivilen Winterjacken. Aber das Orchester ist gut erzogen und keiner murrte.
Das Publikum hatte es sich mit Thermoskannen, Wolldecken und Isomatten auf den Besucherbänken vor der Freilichtbühne gemütlich gemacht und die Pfadfinder waren mit ihrem Lagerfeuer und ihrem Glöggtopf umgezogen und versorgten diejenigen, die ohne eigene Thermoskanne gekommen waren.
Nach einer Dreiviertelstunde verließ ich mit dem Orchester die Bühne und wir stellten uns um den (noch) nicht erleuchteten Weihnachtsbaum auf dem Marktplatz auf, wo wir unsere eigene Fanfare spielten, während der Vorsitzende der lokalen Händlervereinigung im richtigen Augenblick auf den großen roten Knopf drückte, der den Weihnachtsbaum erstrahlen ließ.
Flop flop flop… So klang der Applaus der rund 120 behandschuhten Zuhörer, die tapfer bis zum Schluss in der Kälte ausgeharrt hatten.