… obwohl ich nichts Verbotenes getan habe. Ich habe eigentlich noch nicht einmal etwas Ungewöhnliches getan und ich kann mich an Zeiten erinnern, als ich noch viel weiter gegangen wäre. Aber der schwedische Staat hat es geschafft, dass ich mich schuldig fühle.
Das fing schon an, als ich den Laden betrat, den ich bisher vermieden habe, wie in Karlsruhe die Sex-Shops: Man weiß genau, wo sie liegen, irgendwie ist man ja schon neugierig, wie es drinnen aussieht, aber es ist doch zu verrucht, als dass man hinein gehen würde – es könnte einen ja jemand sehen. Und statt in unauffälligen braunen Tüten müssen die Kunden ihre Waren auch noch in ziemlich auffälligen lila Tüten heraustragen, die förmlich schreien: »Schaut her, ich werde mich gleich dem Exzess hingeben!«
Richtig schlimm wurde es dann, als ich hinter mir eine bekannte Stimme hörte: Oh mein Gott, ein Kollege! Gut, dass ich meine feuerrote Dienstjacke im Auto gelassen hatte: Die Kulturschule darf mit diesem Milieu natürlich unter keinen Umständen in Verbindung gebracht werden!
Als ich dann endlich meine Einkaufsliste abgehakt hatte, wuchs die Scham in mir: Mein putziges Einkaufswägelchen quoll über von der verruchten Ware und ich konnte immer nur kleinste Mengen auf das winzige Förderbandbändchen an der Kasse legen. Die angebotenen Tüten waren ebenfalls lächerlich klein, so dass ich mit gleich drei davon den Laden verlassen musste – wie peinlich. Noch schlimmer war allerdings, dass ich zwei der Produkte offen und für alle sichtbar zum Auto bringen musste, da sie nicht in die Tüten passten.
Und was hatte ich nun erstanden? Zwölf Flaschen Bier, acht Fläschchen Cider und zwei Bag-In-Box-Weine für Annikas Geburtstagsfeier. Wenn ich bedenke, welche Türme von Bierkästen ich schon ohne jegliche Schuldgefühle aus Getränkemärkten herausrangiert habe, finde ich es spannend, wie es der staatliche Alkoholmonopolist Systembolaget schafft, den Kunden Gewissensbisse zu bereiten – während gleichzeitig eine Kaufberatung angeboten wird, die Ihresgleichen sucht. Inklusive der kostenlosen Beratung für Suchtkranke und deren Angehörige.