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Frisch verliebt


Nachdem mich ja mein Ex vor kurzem verlassen hat, tändle ich mit seit einer Weile wieder mit einem Neuen. Zuerst ein paar vorsichtige Emails, dann das erste Blind Date. Dann das Warten auf seinen Anruf. Der dann auch kam – am Abend, bevor ich nach Deutschland geflogen bin. Na toll… ob ich ihn wohl noch eine Woche hinhalten konnte? Würde er das mit sich machen lassen…? Ja, er wartete auf mich, aber er hatte noch eine andere, die ihm auch ganz gut gefiel und bevor er sich für eine von uns entscheiden könne, wolle er uns beide nochmal treffen. (Nicht so schön das, aber wenigstens war er ehrlich.)
Dann gestern unser zweites Date… Und die alles entscheidende Frage: Willst Du mit mir gehen? Ja. Nein. Vielleicht.

Er wolle mit seiner Familie drüber reden und eine Nacht drüber schlafen, sagte er, und sich dann heute melden. Meine Nacht hingegen war eher schlaflos. Ab acht Uhr hielt ich krampfhaft das Telefon in der einen, das Handy in der anderen Hand. Nicht mal aufs Klo wollte ich gehen. Als es sich dann nicht mehr vermeiden ließ, lagen beide Telefone auf der Klorollenhalterung.

Endlich klingelte es… mööörp, Fehlalarm – bloß irgendein Heini, der mir ein neues Telefonabo an die Backe quatschen wollte. Und damit blockierst Du meine Leitung, du Doofkopp?!

Um zwei hatte er sich immer noch nicht gemeldet und ich war in der Stimmung, mir die Decke über den Kopf zu ziehen und die nächsten Monate im Niemandsland zwischen Herbstdepression und Winterschlaf zu verbringen.

Um halb vier hatte das ungewisse Warten dann endlich ein Ende. Ich fasse den Inhalt des Gesprächs und meinen aktuellen Gemütszustand kurz zusammen:

Er ist übrigens Musiker und will, dass ich seinen Kindern Klavierunterricht gebe. Und ein bisschen Blockflötenunterricht. Und ein bisschen korrepetieren. Ein Orchester hat er auch, da soll ich auch ab und an dirigieren.  Wenn ich will, darf ich seine Kinder auch für Musiktheorie begeistern. Oder sie beim Komponieren unterstützen. Oder einen Chor gründen. Oder, oder, oder… Gut, dass ich das alles mal in der Bräuteschule gelernt habe. Mein Neuer wirkt da sehr freizügig, was meine ehelichen Pflichten angeht.

Toll ist auch sein Wohnort: ganz in der Nähe von Jonas‘ Nebenfrau – die beiden sind sogar miteinander verwandt! – in einem Stadtteil, der wegen seiner Lage und seiner Einwohnerschaft liebevoll „Beverly Hills“ genannt wird. Damit steht jetzt definitiv wieder ein Umzug an, das hatten wir ja schon lange nicht mehr. Oder so.

Nächste Woche unterschreiben wir den Ehevertrag, die Hochzeit ist dann Anfang Januar. Bis dahin sollte sich mein Endorphinspiegel wieder normalisiert haben, sodass ich mich wie ein gesitteter Mensch aufführe und nicht unvermittelt aufspringe und qietschend durch die Gegend hopse.

„Mit Gefühl für Töne“


… so lautet die Schlagzeile, unter der diese Woche ein halbseitiger Artikel über Jonas in der hiesigen Lokalzeitung Alekuriren erschien. „Jonas, der aus einem kleinen Dorf mit Namen Sauerland in der Nähe von Winterberg stammt, hat die Musik schon im Kopf, wenn er sie aufschreibt und braucht dazu vor allem Stift und Papier.“

Ein Klick auf das Bild leitet zu einer lesbaren pdf-Version auf der Seite der Zeitung weiter.
Ein Klick auf das Bild leitet zu einer lesbaren pdf-Version auf der Seite der Zeitung weiter.

Weil er so ein hoffnungsvolles Talent ist, erhält Jonas das diesjährige Ale Kulturstipendium, das Anlass für diesen Artikel war. Dabei handelt es sich um ein Arbeitsstipendium, das jährlich an Kulturschaffende vergeben wird, die in der Kommune Ale wohnen. Erfreulicherweise geht es dabei auch durchaus um mehr als einen Zeitungsartikel und einen warmen Händedruck. Letzterer wird aber sicher auch noch bei der Verleihung im Rahmen eines Konzerts am 1. Dezember folgen.

Vielleicht hat den Artikel ja auch der nette Zeitgenosse gelesen, der uns kürzlich einen anonymen Brief, gekritzelt auf einen Notizzettel, in den Briefkasten geworfen hat. Leider finde ich den Zettel gerade nicht mehr, falls er noch auftaucht, werde ich ihn nachreichen. Sinngemäß lautete der Inhalt aber:

„Nichts gegen deinen Musikgeschmack, aber nachts um drei schlafen wir lieber. Der Nachbar.“

Völlig entgeistert und erschrocken, weil wir uns beim besten Willen nicht erklären können, was der Anlass für einen solchen Zettel gewesen sein sollte, haben wir uns gleich auf den Weg zu unseren Nachbarn in der anderen Hälfte des Doppelhauses gemacht um nachzufragen, was wir denn falsch gemacht haben sollen. Glücklicherweise waren die beiden Rentner aber gar nicht nicht die anonymen Absender, sondern meinten im Gegenteil, dass sie ja fast nie was von uns hörten. Ob uns denn das Kläffen ihres Hundes manchmal störe…? Also auf dieser Seite weiterhin gutes Wetter. Puh!

Wir sind ja trotz Komponist und Flügel in der Wohnung alles andere laute Zeitgenossen und achten darauf, wirklich nur zu sozial verträglichen Uhrzeiten Klavier zu spielen. Außerdem hört man bei geschlossenen Fenstern draußen quasi nichts davon; dass wir also jemand in einem anderen Haus gestört haben sollen, ist praktisch ausgeschlossen (mal ganz davon abgesehen, dass wir nachts um drei auch lieber schlafen).

Wir haben uns daher damit abgefunden, dass es für diesen Zettel vermutlich zwei Erklärungen gibt:
1. Der anonyme Nachbar hat nachts Lärm gehört, den er nicht richtig lokalisieren konnte und verdächtigt uns jetzt fälschlicherweise. Das wäre unschön.
2. Der anonyme Nachbar verdächtigt den/die Richtigen, hat aber den Brief versehentlich in den falschen Briefkasten geworfen. Das wäre uns lieber.
Ob wir es wohl jemals erfahren werden…? Ich fürchte fast, dass nicht. Aber gut zu wissen, wie man hier so in der Nachbarschaft kommuniziert…

Wir haben diesen Schreck jedenfalls gleich mal zum Anlass genommen, unseren Garten mal wieder zu pflegen, d.h. Laub zu harken, den Weg zu fegen und ein letztes Mal im Herbst (ja, leider immer noch) zu mähen. Und prompt kam unsere zweitnächste Nachbarin, alleinerziehende Mutter zweier Kinder, vorbei und sagte mit sehnsüchtigem Blick: „Ohje, wenn ich euren gepflegten Garten so sehe, krieg ich gleich ein schlechtes Gewissen.“ Ich habe mich selten so über ein Kompliment gefreut, denn zumindest scheint unser Garten, die schwedische Visitenkarte, schonmal keinen Anlass zu übler Nachrede zu bieten.

Und vielleicht entwickelt der anonyme Nachbar ja auch noch ein Gefühl für Töne – ich spiele gerade sehr gerne schwedische Weihnachtslieder, während draußen ein laues Frühlingslüftchen weht…

Gartenarbeit


Unser Rasen will gemäht werden!

Neben einer Spülmaschine – wir berichteten bereits – haben wir mit unserem Haus auch einen kleinen Garten gemietet, welcher neben einigen Büschen, Blumen und Sträuchern vor allem aus Rasen besteht. Da es hier in Schweden mittlerweile doch sehr deutlich auf den Herbst zugeht, müssen wir uns mit den größeren Gewächsen hoffentlich nicht mehr beschäftigen, lediglich ein kleinerer Einsatz der Heckenschere könnte noch erforderlich werden. Anders sieht es jedoch mit den schnell wachsenden Gräsern aus: Zwar war der hiesige „Platzwart“ Per vor unserer Ankunft freundlicherweise noch einmal mit seinem Rasenmäher-Traktor über unsere Wiese gefahren, dieser eher grobe Schnitt ist aber mittlerweile rausgewachsen und nicht mehr mit unserer Golfrasen-Nachbarschaft kompatibel…

Die neuen Gartenhelfer

Bisher haben wir ja mitten in Karlsruhe gewohnt und die einzigen Außenanlagen, um die wir uns dort kümmern mussten, waren unsere von Tauben gerne als Toilette benutzten Fensterbänke und ein vielleicht zwei Quadratmeter messender Beton-Balkon – Gartenpflege gehörte folglich nicht zu unseren regelmäßigen Mieter-Pflichten, weshalb wir natürlich auch keinen Rasenmäher unser eigen nennen konnten. Unsere neue Grünfläche verlangte nun aber danach, gemäht zu werden, zumal für die nächsten Tage Schauer und Regen angesagt sind. Daher sind wir gestern schon nach Älvängen gefahren, wo wir bereits einen trädgårdsmaskin (Gartenmaschinen)-Händler ausgespäht hatten. Nachdem dieser uns sein Sortiment vorgestellt hatte, haben wir uns zu Hause noch einmal per Internet schlau gemacht und seit heute morgen sind wir nun stolze Besitzer einer Grundausrüstung für die Rasenpflege.

Da unser Budget zur Zeit sowieso schon recht strapaziert ist – so ein Umzug zieht doch immer wieder unerwartete Kosten nach sich – wollten wir nicht unnötig viel Geld ausgeben, denn wie wir mittlerweile wissen kann man auch an kleinen Gartengeräten sehr leicht sehr arm werden. Außerdem ist unser förråd (Schuppen) mit drei Fahrrädern schon recht gut ausgelastet. Zum Glück hatte unser Händler aber die Lösung für uns parat: Einen UFO-ähnlichen Luftkissen-Rasenmäher von einem bekannten schwedischen Gartengerätehersteller, der nicht nur überraschend günstig war, sondern Dank des Fehlens von Rädern sowie eines Auffangkorbs sehr klein gefaltet und an einem Haken platzsparend an der Wand aufgehängt werden kann. Leider bedeutet das Fehlen einer Aufsammelfunktion aber auch, dass man das gemähte Gras je nach Länge nach dem Mähen zusammenharken muss, wobei auf diese Weise wenigstens wir beide etwas von der Gartenarbeit haben; einer mäht, einer harkt…

Jonas und das UFO in Aktion

Nachdem wir uns also mit einem Rasenmäher und zusätzlich mit einer Harke und einem kleinen Trimmer für die Rasenkanten ausgestattet hatten, ging es zurück nach Skepplanda, um unsere Neuerwerbungen auf Herz und Nieren zu testen. Der Umgang mit den Elektrogeräten war zwar zunächst etwas ungewohnt für mich, da meine bisherigen Mäh-Erlebnisse mit der großen Wiese meiner Eltern – und ich sage hier bewusst Wiese und nicht Rasen – und einem schweren Benzin-Rasenmäher zu tun hatten. Unser orangefarbenes UFO erldeigte seine Aufgabe jedoch wunderbar, es wurde auch mit dem Gras fertig, das seit einigen Wochen unter einer umgefallenen Rankhilfe eine beachtliche Höhe erreicht hatte; und die Tatsache, dass man den Mäher nicht nur vor und zurück, sondern auch seitwärts und überhaupt in alle Richtungen bewegen kann, hat sich bei unserem etwas verwinkelten Vorgarten mit Busch, Beet, Hecke und Straßenlaterne als äußerst praktisch erwiesen.

Fertig!

Lediglich meine bisherigen Schätzungen über die Dauer der Gartenpflege musste ich kräftig revidieren: Statt der von mir angesetzten Viertelstunde waren ganze 90 Minuten vergangen, als der letzte von Annika zusammengeharkte Grashaufen aufgesammelt war. Wobei beim nächsten Schnitt das Gras hoffentlich nicht ganz so hoch sein wird und ich auch nicht jedes Mal den Trimmer auspacken werde. Aber selbst so werden wir wohl nicht unter einer Dreiviertelstunde fertig sein. So ein kleiner Elektro-Mäher ist doch wesentlich schmaler als der große Benziner meiner Eltern…

Die erste Woche


Nun sind wir schon fast eine Woche hier, aber mir kommt es schon wie eine Ewigkeit vor, weil bis jetzt jeder Tag so proppevoll mit Eindrücken und Erlebnissen war. Bis heute morgen waren ja auch noch Jonas‘ Bruder und dessen Freundin hier und heute ist der erste Abend, an dem wir hier alleine sind. Aber der Reihe nach.

Montag – der Auszug

Deutschland verabschiedet sich mit einem grandiosen Sonnenuntergang

Dank vieler helfender Hände – nochmal ein dickes DANKE an euch!!! – ging das Kistenschleppen erfreulich fix und selbst beim Wohnungsputz hatten wir noch Helfer. Der Umzugs-LKW war dann auch um 11:30 schon wieder weg, während wir noch die Wohnung übergaben. Für den Flügel hatten wir eine eigene Firma engagiert, die unseren Herrn Schiedmayer aus dem 3. Stock runtertragen und den Transportschlitten und Rollwagen an die beiden Männer vom Umzugsunternehmen übergeben sollten. Der Flügel war auch fix im LKW verschwunden, nur haben sie aus unerfindlichen Gründen Schlitten und Rollwagen mitgenommen. Böser Fehler…
Gegen eins konnten wir dann auch aufbrechen. Jonas und Bruder im VW-Bus, meine „Schwippschwägerin“ und ich im Twingo. Die Fahrt nach Travemünde bei Lübeck war soweit ereignislos und glücklicherweise haben sogar beide Autos noch einen Platz auf der Fähre um 22:00 nach Malmö gekriegt, während unser LKW die kürzere Fähre nach Trelleborg nehmen musste und damit am nächsten Morgen zwei Stunden vor uns in Schweden ankommen sollte.

Dienstag – der Einzug

Gegen 7 Uhr kamen wir in Malmö an und starteten direkt durch nach Skepplanda, schließlich hatte der LKW schon einigen Vorsprung (dachten wir zumindest). Nach etwa dreieinhalb Stunden kamen wir an und Per, der Platzverwalter der Wohnungsgesellschaft, mähte gerade vor unserer Wohnung den Rasen. Die Wohnung war blitzblank geputzt, das hatte offensichtlich eine Reinigungsfirma gemacht, so sauber kann eine Küche eigentlich nur sein, wenn sie gerade neu eingebaut ist (ich weiß, wovon ich rede, ich hatte in Karlsruhe gerade noch einen ganzen Tag lang unsere Küche geputzt!).

Unser Haus wird gerade noch frisch gestrichen - der Giebel wird auch noch rot

Alle Elektrogeräte, d.h. Kühlschrank, Waschmaschine, Trockenschrank und – endlich! – Spülmaschine sahen ebenfalls aus wie frisch ausgepackt und sind von einer namhaften deutschen Weißwarenfirma.

Unser LKW war noch nicht da, also hatten wir noch Zeit für einen Gang zu unserem Minisupermarkt im Ort. Am fortgeschrittenen Nachmittag – wir fragten uns allmählich, ob sie nicht doch die Fähre nach Litauen genommen hatten und dort gerade unseren kompletten Hausstand vertickten – kam dann endlich auch der LKW. Sie hatten in Trelleborg eine falsche Adresse ins Navi eingegeben und waren direkt zu ihrem nächsten Kunden in der Nähe von Växjö gefahren. Da wir ja jetzt ebenerdig wohnen, waren die Kartons und die Möbel zügig ausgeladen – und dann kam der Flügel. Ohne Schlitten, ohne Rollwagen.

Erstes Abendessen auf unserer Veranda

Zuerst versuchten wir eine Schiebelösung mit massenhaft Wolldecken. Unmöglich. Dann konstruierten wir eine Gurttragevorrichtung (Auf der Gurtverpackung stand: „ACHTUNG! Nur zum Verzurren, nicht zum Transport schwerer Gegenstände!“), die uns – oder vielmehr: den Flügel – aber auch nicht nennenswert weiterbrachte. Schließlich fuhr Jonas mit einem der Umzugsmänner in den nächsten Baumarkt, um einen Rollwagen zu kaufen. Fehlanzeige. Ziemlich frustiert saßen wir sechs dann da und wussten nicht richtig weiter.

Ziemlich hoffnungslos fragte Jonas schließlich Milan, den Maler, der gerade unsere Dachbalken rot anmalte, ob er nicht eine Idee habe. Und siehe da: aus seinem Werkzeugschuppen holte Milan einen hydraulischen Hebewagen, der unser Problem in kürzester Zeit löste. 20 Minuten später stand der Flügel unversehrt und spielbereit im Wohnzimmer. Milan ist übrigens nach eigenen Angaben Jugoslawe und hat 8 Jahre in Mainz gelebt und freute sich riesig mal wieder deutsch sprechen zu können – was er gleich dazu nutzte, mich zu fragen, ob ich nicht seiner immer noch in Deutschland lebenden Frau eine Arbeitserlaubnis z.B. als Putzhilfe verschaffen könnte.

Mittwoch – Kisten auspacken

Was soll ich viel schreiben, außer auspacken haben wir an diesem Tag nicht viel gemacht.

Donnerstag – erster Kontakt mit schwedischen Behörden und IKEA

In Schweden gibt es kein Einwohnermeldeamt, denn die Anmeldeformalitäten übernimmt das skatteverket (Finanzamt), dann kennt zumindest die wichtigste schwedische Behörde schonmal die neue Adresse… Bevor wir uns dort aber anmelden und damit eine Personennummer beantragen konnten, mussten wir zunächst unser Aufenthaltsrecht als EU-Bürger beim migrationsverket registrieren. Das hatten wir schon zwei Wochen zuvor von Deutschland aus online gemacht und uns auf eine Wartezeit von 3 Monaten eingestellt. Aber siehe da: Als wir einzogen, lag der wichtige Brief vom Migrationsverk bereits seit 10 Tagen in unserem neuen Briefkasten. Also konnten wir damit direkt zum Skatteverk gehen und die Personennummer beantragen. Das war ein unkomplizierter Gang mit einem zweiseitigen Formular ohne irgendwelche Wartezeiten. Jetzt heißt es 4-6 Wochen auf die Personennummer warten.

Sommerdiamanten!

Das Skatteverk liegt auf dem Weg zu unserem nächsten IKEA, der etwa 30 km entfernt ist. Auch dazu muss ich nicht viel sagen, es gibt dort Billy, Benno und Köttbullar. Und das Regal, dessentwegen man dorthin gefahren ist, ist gerade nicht mehr im Lager. Also alles genauso wie in einem deutschen IKEA.

Abends lockt ein Sprung in „unseren“ See, nur 8 km entfernt. Inzwischen hüpfe ich rein, ohne mich vorher abzukühlen. Wir haben noch nicht gemessen, aber er hat wohl so um die 20 Grad. Und wenn man abends hingeht, hat man den See auch ganz für sich alleine.

Freitag – Ausflug nach Trollhättan

Die Vattenfall-Wasserfälle

Jonas zweiter Bruder ist gerade in Oslo und kam übers Wochenende. Da die Bahnstrecke vor unserem Dorf noch die nächsten zwei Wochen umgebaut wird, konnte er nur bis Trollhättan fahren, was wir dazu nutzten, uns die Stadt anzuschauen. In Trollhättan sitzen Saab und Volvo Aero, außerdem ist es die Geburtsstadt von Vattenfall, denn dort steht das „Ur-Wasserkraftwerk“ an einem Wasserfall, der heute noch zu touristischen Zwecken im Sommer eine Viertelstunde am Tag geöffnet wird. Als wir dort waren, fiel tatsächlich jede Menge Wasser, sodass wir uns schnell in das absolut empfehlenswerte Technik- und Naturwissenschaftsmuseum Innovatum verkrochen.

Leuchtturm auf Marstrand, im Hintergrund eine Regatta

Samstag – Ausflug ans Meer

Mit nun drei Feriengästen und bestem Sommerwetter bot sich ein Ausflug in die Schären geradezu an.

In den Schären bei Marstrand

Marstrand liegt auf einer Schäre desselben Namens etwa eine Autostunde von uns entfernt. Man kann mit dem Auto bis auf die vorletzte Insel fahren, dann geht es mit einer kleinen Fähre hinüber nach Marstrand. Dort machen viele Schweden Urlaub, aber auch superreiche Russen mit ihren schicken Yachten kann man dort sehen. Oder man macht sich zu Fuß auf den Weg in den westlichen Teil der Insel und kann sich ganz schnell wie der einzige Insulaner fühlen.

Sonntag – Ausflug in Königs Elchjagdrevier

Nahe Trollhättan gibt es zwei Tafelberge direkt am Vänern – Halle- und Hunneberg -, wo die Königsfamilie wohl regelmäßig auf Elchjagd geht, was die Wahrscheinlichkeit, dort einen Elch zu sehen, zumindest außerhalb der Jagdsaison deutlich erhöht. Uns reizte jedoch mehr die Vorstellung, von einer  50 m hohen Steilklippe aus über den Vänern zu schauen und eine schöne Wanderung zu unternehmen, daher haben wir auch das Elchmuseum links liegen gelassen. Abends wartete dann in Trollhättan der Zug nach Oslo auf Jonas Bruder.

Montag – Alltag kehrt ein

Nachdem vormittags auch unsere beiden geduldigen Umzugshelfer abgereist sind, war das heute unser erster Tag allein in unserem neuen Heim. Inzwischen haben wir zumindest einen Internetstick, mit dem sich das Surfen ein bisschen anfühlt wie in den späten 90ern, so langsam ist es. Daher können wir leider noch nicht skypen, aber wir sind an einer besseren Internetverbindung dran. Immerhin habe ich heute ernsthaft mit der Jobsuche beginnen können und meine Daten in verschiedenen Jobbörsen hinterlegt.

Der Urwald vor der Haustür

Zum ersten Mal haben wir heute einen längeren Spaziergang von unserem Haus aus unternommen. Nur 100m von hier beginnt ein Urwald, wo man hinter jedem Baum Ronja Räubertochter erwarten könnte und der noch viele Möglichkeiten für unterschiedliche Runden über Stock und Stein bereithält. Und für den Winter gibt es eine beleuchtete Loipenrunde durch den Wald. Das ist doch was anderes als unsere Standardrunde durch die Karlsruher Schrebergärten.

Viel los also in den letzten Tagen und jeden Tag so viel Neues. Die nächsten Tage werden wir hier noch weiter rumräumen und ein Besuch bei IKEA steht auch noch an, bevor für Jonas nächsten Montag das Semester startet. Bis dahin genießen wir hier den Spätsommer, der uns mit viel Sonne und Temperaturen zwischen 20 und 25 Grad beglückt. So solls sein!

Gedanken am Umzugsmorgen


Es ist halb sieben. Neben mir liegt Jonas und schläft selig. Noch eine halbe Stunde, dann klingelt der Wecker. Ich habe wenig geschlafen, zu viel ging mir durch den Kopf. Vor allem der Dauerregen heute Nacht machte mir Sorgen. Wie kommt der Flügel trocken in den LKW? Halten die Kartons noch, wenn wir sie 10 Meter durch Platzregen tragen? Draußen Lärm. Ich stehe auf und öffne das Wohnzimmerfenster. Gerade kommen die Sperrmüllautos. Das erste sammelt Teppiche und alles, was weich ist, ein. Das zweite kriegt alles aus Holz, die Sachen werden direkt zerkleinert, das ist ganz schön laut. Gut, dass wir meinen schönen Computertisch, der nicht in die neue Wohnung passt, gestern abend noch an die chinesische Studentin aus der WG über uns verschenken konnten, sie hat sich so gefreut.
Der Regen hat aufgehört, Richtung Westen sieht man ein paar blaue Ecken am Himmel. Draußen riecht es schön frisch und kühl, perfektes Wetter zum umziehen. Die Straßenbahnen rattern unentwegt an unserm Haus vorbei, neuerdings liegen wir baustellenumleitungsbedingt ja an der Hauptstrecke, die von Osten in die Stadt kommt.Das wird in Schweden bestimmt ruhiger sein…

Viertel vor sieben. Ich gehe wieder ins Bett, Jonas nuschelt verschlafen „blogstduschonwieda?“. Schlaf weiter, hast noch ne Viertelstunde. Gleich gehen wir zu unserem Bäcker um die Ecke frühstücken, ist ja schon alles eingepackt. Frau A., die nette Verkäuferin, die uns immer was extra schenkt, müsste heute aus Ihrem Urlaub zurück sein, vielleicht können wir uns noch verabschieden.

Jetzt klingelt der Wecker. Es geht los. Ich freue mich!

Der letzte Abend in Karlsruhe


Die Sonne scheint, leise plätschert das Wasser ans Ufer, eine gelbe Fähre tuckert durchs Bild… es ist Sonntagabend und Inga-Lindström-Zeit! Und – ja, wir haben tatsächlich Zeit, mit einem Auge diese Schmonzette zu schauen. (Natürlich nur wegen der Landschaftsaufnahmen, denn nach den ersten fünf Minuten war ja eh klar, wie’s ausgeht ;-)) Alle Kisten sind gepackt, die Wohnung geputzt, der Sperrmüll entsorgt. Wir sind bereit für den Umzugs-LKW, der morgen früh um neun anrollt.

Die zahlreichen ungeplanten Vorfälle der letzten Tage haben sich zum Teil noch gelöst. Jonas hat seine Pässe wieder und ist krankenversichert und das neue Schloss am Auto ist nach viel Gerenne und einem Kniefall vor dem Werkstattmitarbeiter tatsächlich noch eingebaut worden. Der kurzfristige Rückzug unserer „Beinahe-Nachmieterin“ wird uns jetzt voraussichtlich eine weitere Monatsmiete kosten, aber es gibt bereits wieder einige Interessenten für unsere Wohnung. Vielleicht klappt es ja doch noch rechtzeitig, aber die Chance darauf ist realistisch betrachtet doch eher gering.

Viele Abschiede haben wir in den letzten Tagen hinter uns gebracht und mit jedem wurde ich ein wenig sentimentaler, auch wenn die Umzugsaufregung, die Vorfreude und die Neugier auf unser neues Zuhause überwiegen. Habe ich schon erwähnt, dass wir in der neuen Wohnung eine Spülmaschine haben? Wenn das kein Grund ist, sich zu freuen…

Der große Tag

Morgen, am Tag 0, auf den unser Zähler seit 158 Tagen hinzählt, haben sich für halb neun einige von Jonas‘ Kollegen aus dem Max-Reger-Institut zum Kartons tragen angemeldet. Wahrscheinlich gab es in der Musikgeschichte wenig Umzüge, bei denen der prozentuale Anteil an promovierten Musikwissenschaftlern unter den Umzugshelfern größer war :-) Wir danken Euch jetzt schon dafür!
Um neun will das Umzugsunternehmen kommen und erst mal den Flügel in den LKW packen, dann der Rest hinterher. Auch Jonas‘ Bruder und dessen Freundin werden morgen vormittag in Karlsruhe eintreffen und mit nach Schweden kommen. Der LKW sollte dann gegen 12 abfahren, denn der muss die Nachtfähre um 22.00 ab Travemünde nach Malmö kriegen. Wir saugen nochmal die Wohnung und übergeben dann (hoffentlich komplikationsfrei – haltet uns die Daumen!) unsere Wohnungsschlüssel an den Hausmeister. Mit zwei Autos folgen wir vier dann dem LKW. Mit viel Glück schaffen wir auch die Nachtfähre und gönnen uns acht Stunden Pause, ansonsten gehts via Vogelfluglinie auf dem Landweg durch Dänemark durch bis nach Skepplanda. Finanziell macht das fast wie keinen Unterschied, schlaftechnisch natürlich schon. Aber wir müssen ja irgendwie vor dem LKW in Skepplanda sein, damit wir dort die Wohnung und die Schlüssel in Empfang nehmen können. Man erwartet uns dort schon und das letzte Telefonat am Freitag mit dem dortigen Hausverwalter war sehr nett.

Soweit jedenfalls der Plan, mal sehen, ob wir das alles so einhalten werden oder ob noch wieder neue Katastrophen eintreten. Ich weiß noch nicht, wie schnell wir in Schweden wieder Internet haben, wahrscheinlich werden wir uns übergangsweise erstmal mit einem Internet-Stick behelfen.

Die blonde Frau im Fernsehen hat sich inzwischen – völlig unerwartet natürlich – dafür entschieden, nicht nach Amerika auszuwandern, sondern ihr Leben in einer beschaulichen schwedischen Kleinstadt an der Seite eines Arztes zu verbringen. Ob Jonas nicht doch noch Arzt werden will? Ich frag ihn mal…

Ja, mach nur einen Plan – Die letzten Tage


Ich bin für die Einführung einer Auswanderungspauschale. Klingt komisch? Ist aber so. Ich wäre liebend gern bereit, einen dreistelligen Fixbetrag an ein höheres Wesen zu bezahlen, das mir im Gegenzug garantiert, dass die Dinge, die man Wochen und Monate vorher vorausschauend geplant, organisiert und eingefädelt hat, dann auch einfach so funktionieren wie angemeldet. Ich will keinen Umzugs- oder Auswanderungsmanager, der mir die Dinge aus der Hand nimmt, im Gegenteil. Nein, ich möchte doch einfach nur, dass nicht in der Woche vor dem Umzug die Katastrophen im Stundentakt zuschlagen, weil Anträge und Papierkram erst monatelang irgendwo in irgendwelchen Büros unbearbeitet herumliegen und dann auf einmal Probleme verursachen, weil der Sachbearbeiter sich nicht darum gekümmert hat. Kleine Auswahl gefällig?

Telefon. Mathe für Anfänger, denn: 37 Monate > 24 Monate

In unserem Vertrag, den wir vor über drei Jahren abgeschlossen haben, steht eine Mindestvertragslaufzeit von 24 Monaten und eine Kündigungsfrist von mindestens 6 Tagen, sofern man in ein Gebiet umzieht, in dem Kabel WB (Firmenname geändert) keinen Service anbietet. Ordentlich wie wir sind, kündigen wir schon drei Wochen im Voraus. Antwort: „Gerne nehmen wir Ihre Kündigung zum 31.8.2012 [sic!] entgegen. Wenn Sie schon früher kündigen möchten, lösen wir den Vertrag gerne gegen eine einmalige Zahlung von 50 €.“ Hä? Was? Davon steht aber nichts in unserem Vertrag. Anruf. Warteschleife. Für Elise. Mitarbeiter: „Ja, die AGB haben wir vor acht Monaten geändert, aber beschweren können Sie sich gerne. Ich kann daran nichts ändern, bin dazu nicht befugt.“ Also Widerspruchsbrief schreiben und warten. Bislang noch keine Antwort.

Arbeitsamt. Wenn die linke Hand nicht weiß, was die rechte tut.

Pünktlich 3 Monate vor Ende des Arbeitsvertrages bin ich zur Arbeitsagentur gegangen (ich berichtete), um mich in Sachen Arbeitslosengeld zu informieren, zu melden und zu klären, wie das mit Umzug innerhalb der EU ist. Lief ja alles wunderbar, den positiven Antrag hat die Dame ja auch gleich ausgefüllt, ich musste nur noch die Arbeitsbescheinigung nachreichen. Hab ich auch einen Monat vor Ende der Frist gemacht und dann mehrmals angerufen, ob auch alles vollständig und in Ordnung ist. Antwort: „Ja, alles in Ordnung, sie kriegen dann ihr Arbeitslosengeld, während Sie in Schweden nach Arbeit suchen.“ Zwei Tage nach Ende meines Arbeitsvertrages ruft mich ein anderer Sachbearbeiter an und erklärt mir, dass die Dame, die mich seinerzeit beraten und mir den Antrag ausgefüllt hat, ihre Kompetenzen überschritten hat und das gar nicht hätte machen dürfen. Aber nicht nur, dass sie es nicht durfte, nein, offensichtlich konnte sie es auch nicht. Denn wie mir dieser Sachbearbeiter dann erklärte, gibt es eine Sonderklausel, die sich anfühlt, als wäre sie mir persönlich auf den Leib geschrieben und die verhindert, dass ich auch nur einen Cent Arbeitslosengeld bekomme. Wäre schön gewesen, das geringfügig früher zu erfahren, man hätte doch finanziell etwas anders geplant.

Krankenkasse. Ein Perso und ein Reisepass allein auf großer Reise.

Krankenversicherung wäre natürlich kein Problem gewesen, wenn das mit dem Arbeitslosengeld geklappt hätte. Die Kasse war rechtzeitig informiert, alles ganz geschmeidig. Nach dem negativen Bescheid: Endlose Telefonate um freiwillige Versicherung ohne Wohnsitz in Deutschland. Wir brauchen ja übergangsweise noch die deutsche KV, bis wir in Schweden unsere Personnummer haben und das kann ein paar Monate dauern, wie Skatteverk (Finanzamt) und Migrationsverk (Ausländerbehörde) auf ihren Websites schreiben. Mit einem persönlichen Gespräch ließ es sich letztlich doch irgendwie regeln und bis jetzt hat auch noch keiner angerufen und gesagt, dass dieser Mitarbeiter nicht befugt gewesen wäre…

Anders bei Jonas‘ KV: Da schien bis heute morgen alles problemfrei und dann kam der Anruf, dass er einen deutschen Wohnsitz braucht, um seine studentische Versicherung zu behalten. Also mit dem Einwohnermeldeamt im 300 km entfernten Sauerland telefoniert, ob er seinen Wohnsitz dorthin zu seinen Eltern verlegen kann, ohne persönlich zu erscheinen, unser Umzugswagen kommt ja in vier Tagen. Hätten die sich mal ein paar Tage früher um Jonas‘ Schreiben gekümmert, hätten wir das am Montag noch persönlich machen können. Es geht jetzt jedoch anscheinend auch ohne Jonas – aber nur, wenn seine Mutter seinen Personalausweis und Pass vorlegen kann. Beide Dokumente sind nun per Einschreiben unterwegs und kommen hoffentlich rechtzeitig zurück, sonst hat Jonas ein Problem, denn die Dänen machen ja neuerdings wieder fröhlich Grenzkontrollen.

Wohnung. Wenn aus Freunden Nachmieter werden.

Seit zwei Jahren haben wir eine Bekannte als Nachmieterin für unsere Wohnung. Unsere Wohnung haben wir sofort gekündigt, nachdem wir in Schweden was hatten und die Nachmieterin vorgeschlagen. Die Vermietungsgesellschaft hat dann aber leider (angeblich) wochenlang die Wohnungsbesitzerin nicht erreicht und konnte uns deshalb nicht aus dem Vertrag lassen. Schließlich haben wir im Netz die Nummer der älteren Dame recherchiert, obwohl das so von der Vermietungsgesellschaft nicht gedacht ist. Und wer sagts, die ältere Dame war zuhause und auch die letzten Wochen nie länger weg. Schade, dass jetzt erstmal unserer Sachbearbeiter im Urlaub ist und wir deshalb noch sinnlos weiter Miete zahlen, weil keiner da ist, der den Vertrag aufsetzen kann. Zu allem Überfluss hat jetzt die Nachmieterin auf einmal die Lust verloren und wir werden die nächsten Tage noch nebenher neue potentielle Nachmieter durch unsere Wohnung führen. Man hat ja sonst nichts zu tun.

Auto. Gießen, das kriminelle Pflaster.

Und als ob dieser ganze Bürokratiesch… noch nicht genug wäre: Auf dem Rückweg vom Sauerland 15 Minuten Water-in-Water-out-Pause neben der Autobahn und – schwupps – war das Auto aufgebrochen. Glück im Unglück: das Auto war noch da und es wurde nichts geklaut. Aber das Schloss ist zerstört, der Lack vom Aufhebeln zerkratzt und ob der Ersatzzylinder noch diese Woche kommt, steht in den Sternen. Das war aber noch nicht alles: die Versicherung scheint nun zu glauben, dass es sich um Versicherungsbetrug handelt und hat erst ein Gutachten angefordert. Nach (ungelogen!) Stunden in Telefonwarteschleifen habe ich es aber hingekriegt, noch am Freitag einen Termin beim Gutachter zu bekommen.
Liebe Autodiebe, ein Tipp: wenn ihr in Zukunft auf Tour seid, sucht euch doch bitte nicht die kleinste und älteste Studentenkarre auf dem Parkplatz aus, wenn rechts und links lauter dicke schwarze Geschäftswagen-Limousinen und -SUVs stehen. Vielleicht habt ihr davon mehr.

All diese Dinge sind vor allem deshalb so ärgerlich, weil wir uns seit Wochen bemüht haben, die stressige Schlussphase nicht stressiger als notwendig werden zu lassen und uns um alles so früh wie möglich zu kümmern. Aber wahrscheinlich muss das einfach so sein, damit uns der Abschied aus Karlsruhe leichter fällt. Trotzdem: wenn ich das alles durch eine einmalige Auswanderungspauschale hätte vermeiden können, ich glaube, das wärs mir wert gewesen. Oder um Brecht zu zitieren:

Ja, mach nur einen Plan.
Sei nur ein großes Licht!
Und dann mach noch nen zweiten Plan,
gehn tun sie beide nicht.

So, vermutlich war das heute für die Leser ein wenig ergiebiger oder informativer Artikel. Aber wichtig für meine persönliche Psychohygiene. Verzeiht es mir.

Sommer – Ferien – Chaos…


Seit Mittwoch sind Sommerferien, wobei weder von Sommer noch von Ferien bei uns ernsthaft die Rede sein kann. Während jedoch ganz Deutschland über das Wetter der letzten Wochen jammert, sind wir einfach nur froh, dass die große Hitzewelle bislang ausgeblieben ist. So kann es bitte auch noch zwei Wochen bleiben, bis wir unseren Umzug über die Bühne gebracht haben.

Inzwischen ist hier nämlich das große Chaos ausgebrochen. Wir sind seit zwei Tagen dabei, unseren Gruscht und Krempel auszumisten, wegzuwerfen, einzupacken, zu verschenken, zu inserieren und in Second-Hand-Läden zu tragen. Irgendwie macht das ja auch Spaß und ich frage mich dauernd, warum ich irgendwelche Dinge eigentlich noch besitze und nicht schon längst entsorgt habe, z.B. einen 30 cm hohen Filzpilz oder das Vorlesungsverzeichnis vom Wintersemester 2003/04. Anderes war längst verschollen geglaubt und taucht jetzt unverhofft wieder auf, wie z.B. mein Steuerbescheid von 2009. Manche Dinge überraschen mich selbst, z.B. was für Sachen ich 2006 alles in einer Klausur über Syntax und Logik gewusst zu haben scheine.

Im Moment versinkt die Wohnung und wir mit ihr in Dingen, Sachen und Zeugs, weil wir irgendwie an allen Ecken gleichzeitig packen. Wir hatten uns vorgenommen, erst mal die Schreibtische und alles drumherum einzupacken – wir brauchen aber noch ein paar Ordner draußen, falls noch was an Papierkram ansteht. Dann also erst die Bücher und CDs – die brauchen allerdings im Regal am wenigsten Platz, stehen dann im Weg rum und sind eigentlich schnell gepackt, also noch stehen lassen. Starten wir eben mit der Küche – ach nein, wir müssen ja noch zwei Wochen lang irgendwie essen. Ok, fangen wir halt im Badezimmer an – aber nur das, was wir jetzt schon nicht mehr brauchen… Und wenn jetzt noch eine fiese Sommergrippe kommt und das Grippostad ist schon in einer Kiste verschwunden…? Nun gut, dann also der Keller. Sperrmüll ist aber erst in zwei Wochen, lustigerweise gerade an unserem Auszugstag – hoffentlich verwechseln die Sperrmüll- und die Umzugsmänner da nichts… AAAAAAAHHHH!!! Also doch erst die Aktenordner…

Geschafft!


Endlich ist es geschafft. Am Mittwoch hatte ich tatsächlich meine letzte und abschließende mündliche Prüfung an der Musikhochschule. Danach habe ich erst einmal ausgiebig ausgeschlafen und an diesem Tag gar nichts mehr gemacht, seit gestern bin ich aber wieder unter den Lebenden. Jetzt muss ich nur noch auf die Noten für meine schriftliche Abschlussprüfung und meine Bachelor-Arbeit warten, dann darf ich mich Bachelor of Arts nennen. Zum einen heißt das natürlich, dass ich endgültig meine alte Hochschule hinter mir gelassen habe und nun nichts mehr zwischen mir und meinem Studium in Göteborg steht. Ganz aktuell kann ich mich nun aber auch ganz und gar unserem Umzug widmen, worauf ich mich schon seit Wochen freue – obwohl ich zugeben muss, dass ich das Kisten einpacken nicht so attraktiv finde wie das Einräumen unserer schwedischen Möbel-Neuerwerbungen; oder noch besser das Suchen dieser neuen Möbel auf vielen, vielen loppisar (Flohmärkte).

Skepplanda und Umgebung


Die letzten Monate hatte ich zu viel Zeit zum Schreiben, aber es hat sich viel zu wenig ereignet, was bloggenswert gewesen wäre. Die vergangenen zwei Wochen war es gerade umgekehrt, eigentlich hätten wir jeden Tag einen Artikel loswerden können, hatten aber meistens kein Internet oder saßen dann doch lieber in der endlosen Abendsonne. Jetzt sind wir aber wieder in Karlsruhe und ich versuche mal, ein wenig aufzuarbeiten.

Chronologisch am Anfang unserer Reise stand ja unsere Wohnungssuche, die erfreulich kurz und unkompliziert verlief. Doch wo werden wir wir jetzt eigentlich genau wohnen?

Skepplanda

Skepplanda ist ein Dorf mit knapp 2000 Einwohnern und liegt in der Gemeinde Ale (Ale kommun), die wiederum zu großen Teilen im Tal des Göta älv liegt. Der Göta älv fließt vom südlichsten Zipfel des Vänerns Richtung Göteborg und zählt zu den wichtigsten Wasserstraßen Schwedens.
Der erste Laut in Skepplanda klingt, als würde man mit einer heißen Kartoffel im Mund geräuschintensiv ausatmen, den Rest kann man getrost deutsch aussprechen: Chepplanda. Skepp heißt übrigens Schiff, ein Hinweis auf frühere Einnahmequellen der Bewohner.

Skepplanda kyrka, um 1700 erbaut

In Skepplanda gibt es einen kleinen Supermarkt, eine Bibliothek, ein Schwimmbad, einen Kindergarten, ein Ärztehaus, einen Frisör, eine Pizzeria, eine Grundschule bis zur 6. Klasse (die schwedische Grundschule geht bis zur 9. Klasse, danach folgt ein dreijähriges Gymnasium, aber das ist ein anderes Thema), einen Tischtennisklub, der auch Fußball, Gymnastik und Handball anbietet, 4 (!) Fußballplätze, ein Gasthaus, ein Heimatmuseum (dazu bei Gelegenheit mehr) und eine Kirche.

Verkehr

Von Skepplanda aus sind es nur etwa fünf Kilometer nach Älvängen. Älvängen ist nicht schön, aber praktisch. Dort gibt es alles, was man so im Alltag braucht: einen Baumarkt, einen größeren Supermarkt, einen Optiker, einen Second-Hand-Laden, ein Seilereimuseum (für die Schiffe!) usw. Und einen Bahnhof, der an der großen Bahnlinie Göteborg – Trollhättan liegt, die gerade zweispurig ausgebaut wird und ab September freigegeben werden soll. Von dort ist man mit der Bahn in jeweils 23 Minuten entweder in Göteborg oder in Trollhättan. Außerdem liegt Älvängen an der E45, der Autobahn Göteborg-Trollhättan, die aber im Moment zumindest in Richtung Göteborg eine einzige Baustelle ist. Wenn die irgendwann fertig ist, sind es mit dem Auto rund 40 Minuten bis GTBG Zentrum.
Für uns heißt das, dass wir verkehrstechnisch zwar prima angebunden sind, aber trotzdem nicht direkt an der Autobahn und der großen Bahnlinie wohnen, sondern ziemlich ruhig in unserem „Käffchen“. Im Übrigen erschließt sich mir dadurch nahezu der komplette Arbeitsmarkt zwischen Göteborg und Trollhättan.

Auf dem Weg nach Göteborg passiert man den Doppelort Nödinge-Nol, mit rund 8000 Menschen der Hauptort der Kommune Ale, denn einen Ort Ale gibt es nicht. Dort gibt es dann ein riesiges Einkaufszentrum auf der grünen Wiese, ein Gymnasium mit Musikprofil (was in Schweden wohl eher selten ist), eine Musikschule, eine Volkshochschule, ein Wikingermuseum (Abnehmer der Schiffe und Seile) und bestimmt noch mehr, von dem wir später mal berichten werden.

Freizeit

Nur 10 Autominuten von unserem Haus entfernt ist der nächste See. Muss ich noch genauer werden…?

Was man sonst noch wissen sollte

– Berühmte Personen aus Skepplanda sind laut der schwedischen Wiki ein Fußball- und ein Handballspieler. Naja, bei vier Fußballplätzen…
– Alexander Samuelson
, der Mann, der der Coca-Cola-Flasche ihre Form gab, erlernte sein Handwerk in der Glasfabrik in Surte, das ebenfalls zur Ale kommun zählt.
– Das Gymnasium Ale war eine Zeitlang überregional dafür bekannt, dass es einen Schulvorstand mit Schülermehrheit (Lokal styrelse med elevmajoritet) hatte. 2007 setzte die bürgerliche Regierung das Projekt aber ab.